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Burg und Schloss Allstedt Burg und Schloss Allstedt: Wo Thomas Müntzer gegen die Fürsten predigte

Von Peter Lindner 22.03.2005, 20:05

Allstedt/MZ. - Eine Anlage, die in ihrer heutigen Form im 15. und 18. Jahrhundert entstand - und die eine lange Vorgeschichte hat.

In der Folge der Sachsenkriege um 740 warder Raum Allstedt dem fränkischen Reich eingegliedertund wegen der strategischen Lage auf dem Bergspornals einer der Burgenstandorte ausgewählt worden.Im Zehntverzeichnis des Klosters Hersfeldwurden Burg und Schloss Allstedt als "UrbsAltstediburg" genannt, das war bereits inder zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts. DieHerrscher jener Zeit von Heinrich I. (935)bis Philipp von Schwaben (1200) gaben sichdort sozusagen die Klinke in die Hand.

Schlösser, Burgen, Herrensitze

Vor allem unter Otto II. war Allstedtvon 973 bis 983 in unmittelbarer Nähe derottonischen Pfalzen Memleben, Tilleda undWallhausen die meistbesuchte Pfalz in Sachsen.Unter der Regie von Friedrich I., auch alsKaiser Barbarossa bekannt, fand dort 1188der letzte Reichstag seiner Zeit statt.

Bauliche Überreste der Pfalz sind freilichkaum mehr nachzuweisen. Das heutige Erscheinungsbilddes Schloss- und Burgensembles wurde durchUmbauten vor allem im 15. und 18. Jahrhundertgeprägt. Die aus unterschiedlichen Epochenstammenden Gebäude und Architekturteile fügensich in ihrer Gesamtheit jedoch zu einem Burgkomplexvon seltener Geschlossenheit. Der ältesteBurgteil, die Kernburg, blieb erhalten undpräsentiert sich Besuchern in alter Pracht.

Zu den Zeugnissen der Geschichte gehört dieSchlosskapelle, in der am 13. Juli 1524 derdamalige Dorfpfarrer Thomas Müntzer den Sachsenfürstenmit seiner Fürstenpredigt ins Gewissen redete.Allstedt stand damals kurz im Mittelpunktdes politischen Geschehens, das mit dem blutigenEnde des Bauernkrieges bei Frankenhausen indie Geschichte einging. Zum 450. Jahrestagdes Bauernkrieges begann 1975 eine umfassendenRestaurierung, die 1989 zum 500. GeburtstagesMüntzers beendet wurde.

In Diensten der Weimarer Herzöge weilte von1776 bis 1782 Johann Wolfgang von Goethe wiederholtin Allstedt und prägte mit seiner Arbeit alsRatsmitglied des Weimarer Hofes nachhaltigdas Leben auf dem Bergsporn. Goethe verkaufteEichen für den Schiffbau in Hamburg, befasstesich mit dem regionalen Manufakturwesen undkümmerte sich um das damals berühmte HerzoglicheGestüt für Kutsch- und Reitpferde. Dem Dichterfürstist wie Müntzer eine ständige Ausstellungim Schloss gewidmet.

Z-TITEL: "Die Besucherzahlen steigen"

Rainer Böge

Städtischer Burgherr

Wie in vielen Kommunen ist auch in Allstedtdas Stadtsäckel leer. Burg und Schloss werdenzur Last. Deshalb kümmern sich heute dreiAllstedter Vereine gemeinsam um das hochkarätigeErbe. So sorgt der Schlossbeleuchtungsvereinfür das rechte Licht bei Dunkelheit. "DieErben Thomas Müntzers" vermitteln "den normalenmittelalterlichen Alltag", wie es VereinschefDaniel Becker formuliert. Der FörderkreisAllstedt sorgte für ein Tourismuskonzept,organisiert jedes Jahr den Tag "Erlebnis Burg"und kümmert sich um Geld für den Erhalt derhistorischen Anlage.

Neue Wege gehen die Allstedter inzwischenbeim Management. Kinderresidenz, Gastronomieund Besucherempfang wurden privatisiert. "Burgherr"Rainer Böge, der einzige, der noch in städtischenDiensten steht, ist insgesamt mit der Entwicklungzufrieden. "Die Besucherzahlen steigen, diesenTrend wollen wir mit neuen Ideen stabilisieren",so Böge, dem die Vorburg Kopfzerbrechen bereitet.Dort droht baulicher Verfall. Den wollen dieAllstedter durch Ansiedlung aufhalten. Soist in der Vorburg eine Pension geplant, sollenKünstler und Handwerker eine Bleibe erhaltenund ein Investor möchte einen ErlebnisbereichMittelalter anbieten.