Bundespräsident Bundespräsident: Mona fürs Schloss Bellevue

MAGDEBURG/MZ. - Bettina Wulff muss sich beim Kaffeekochen umstellen. Die 37-Jährig hat am Donnerstag beim Besuch in Magdeburg von ihrem Gatten, Bundespräsident Christian Wulff (CDU), den Kampfauftrag erhalten, künftig die Sorte "Mona Gourmet" des sachsen-anhaltischen Kaffeeproduzenten Röstfein im Schloss Bellevue brühen zu lassen. "Das ist mir entgangen, dass es hier so etwas gibt", sagte Wulff. Wessi freut sich über Ostkaffee - vor 20 Jahre war es noch genau umgekehrt.
Es könnte freilich auch sein, dass der Bundespräsident auf den Geschmack gekommen ist, weil auf der Mona-Packung die Fernsehmoderatorin Inka Bause strahlt: "Das ist die Frau von ,Bauer sucht Frau', da können wir nicht mithalten", witzelte Wulff ganz unpräsidial beim Firmenbesuch. Frau Wulff ertrug es mit einem Lächeln und zwei Päckchen "Mona" unterm Arm.
Wulffs erster Abstecher als Bundespräsident nach Sachsen-Anhalt hatte freilich einen ernsteren Hintergrund als Kaffeeverkostungen: Bei seinem Antrittsbesuch war er Hauptredner der Festveranstaltung zum 20. Jahrestag des Landes Sachsen-Anhalt und des Landtages, der am Donnerstag auf den Tag genau vor zwei Jahrzehnten zu seiner konstituierenden Sitzung nach der Wiedervereinigung zusammentrat. Landtagspräsident Dieter Steinecke (CDU) würdigte in seiner Rede die ersten frei gewählten Abgeordneten: "An diesem 28. Oktober wurde die Grundlagen für das gesellschaftliche und politische Zusammenleben geschaffen."
Trotz des Niedergangs großer Industriebetriebe und einer lange Jahre extrem hohen Arbeitslosigkeit zog Steinecke eine positive Bilanz. Auch Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) erinnerte an den schwierigen Start des Landes: "So viel Anfang war nie." Der schnelle Systemwechsel mit der Wiedervereinigung sei alternativlos gewesen, so Böhmer, doch "der mentale Einigungsprozess dauert länger als gedacht".
Für die Zukunft wünschte sich Steinecke ein Sachsen-Anhalt, in dem es keine Rolle mehr spiele, auf welchem Kontinent jemand geboren wurde, und dass das Land den demografischen Wandel bewältigt, in dem Alte und Junge ihre Potenziale noch besser nutzten. Gleichzeitig trat Steinecke entschieden Forderungen nach einem Bundesland Mitteldeutschland entgegen, wie sie der erste Landtagspräsident Klaus Keitel (CDU) erneut aufgemacht hatte (die MZ berichtete): "Wer Sachsen-Anhalt in einer größeren Struktur aufgehen lassen will, unterschätzt die Leistungsfähigkeit des Landes", so Steinecke.
Bundespräsident Wulff würdigte ebenfalls die Aufbauleistung der Sachsen-Anhalter, die außerordentlich vieles in den vergangenen Jahre geleistet und erreicht hätten. "Auch wenn es immer mal wieder ein Haar in der Suppe gibt."
Wie Steinecke mahnte auch Wulff einen stärkeren Zusammenhalt der Gesellschaft an - zwischen Alten und Jungen, Armen und Reichen, Familien und Kinderlosen. "Unser Land muss Unterschiede aushalten, doch zu große Unterschiede gefährden den Zusammenhalt und machen den Menschen Angst", so Wulff. Es bräuchte in Deutschland wieder eine Solidarität wie zur Zeit des Mauerfalls.
Wulff mahnte zudem mehr Respekt für Politiker an: "Das Ansehen derer, die mutige Entscheidungen treffen, muss besser werden. Eine Demokratie braucht auch mutige und engagierte Demokraten." Wie schwierig es mit dem Mut im realen Leben ist, erfuhr Wulff wenige Minuten nach seiner Rede: Auf dem Weg vom Festakt im Kloster Unser Lieben Frauen zum Landtag rief Wulff dem knappen Dutzend Zaungästen zu: "Und? Wie zufrieden sind sie denn mit 20 Jahren Sachsen-Anhalt?" Als Antwort hielt ihm ein Demonstrant ein Plakat vor die Nase, auf dem die Forderung nach 100 Prozent Rente im Osten aufgemacht wurde - 20 Jahre nach der Einheit. Daraufhin eilte Wulff flugs davon.