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Brauchtum Brauchtum: Auf dem Striezelmarkt grüßt der «Pflaumentoffel»

Von Gudrun Janicke 04.12.2006, 07:01
Ein «Pflaumentoffel» lacht am Freitag (01.12.2006) in Dresden vor dem Goldenen Reiter, dem Reiterstandbild Augusts des Starken. (Foto: dpa)
Ein «Pflaumentoffel» lacht am Freitag (01.12.2006) in Dresden vor dem Goldenen Reiter, dem Reiterstandbild Augusts des Starken. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Dresden/dpa. - Der «Pflaumentoffel» isteine typisch sächsische Weihnachtsfigur. Wie Dresdner Christstollen,Pulsnitzer Lebkuchen, erzgebirgische Räuchermänner, Pyramiden und Herrnhuter Sterne gehört er bei den Weihnachtsmärkten in Dresden undUmgebung einfach dazu.

«In der Regel ist der kleine Kerl etwa handgroß und wird ausgetrockneten Backpflaumen gebastelt», sagt Jeanette Meska, die mitihrem Mann Heiko auf dem Weihnachtsmarkt am Goldenen Reiter«Pflaumentoffel» verkauft. Viele Kunden fragten gezielt nach demGlücksbringer. Anderen, die ihn nicht kennen, erzählt sie gern seineGeschichte.

Der «Pflaumentoffel» erinnert an minderjährige Waisen, die im 17.und 18. Jahrhundert als Essenkehrer arbeiten mussten. Damals wurdendie Schornsteine und Feueressen in Sachsen oft von Kindern gekehrt,die durch die engen Schlote kriechen mussten. Sie galten trotz derschmutzigen Arbeit als Glücksbringer. Gleichzeitig besserten armesächsische Familien ihren Lebensunterhalt mit dem Basteln von«Pflaumentoffeln» auf, die in der Vorweihnachtszeit verkauft wurden.

«Ein "Pflaumentoffel" besteht in der Regel aus elf Backpflaumen»,sagt Jeanette Meska. Im September begann für das Ehepaar die Saison,die spätestens Heiligabend endet. 500 Kilogramm getrocknete Pflaumen,alle mit Stein, wurden geordert. Nur noch wenige Enthusiastenfertigen in Sachsen «Pflaumentoffel» - meist sind es kleineFamilienbetriebe. «Man muss den kleinen Kerl schon mögen, reich wirdman durch ihn nicht», sagt Meska.

Innerhalb weniger Minuten spießen geübte Finger die Pflaumen aufdie Holzstäbchen - jeweils drei für die Beine, dann je zwei für dieArme und eine für den Körper. Dann kommt eine Papierkugel mit einemlachenden Gesicht als Kopf dazu. Ein schwarzer Zylinder, ein Umhangund die Leiter gehören mit zur Ausstattung. In der vergangenenWeihnachtssaison verkaufte das Paar rund 10 000 «Pflaumentoffel».«Außerhalb dieser wenigen Wochen ist damit kein Geschäft zu machen»,sagte Heiko Meska.

Die gesunden Glücksbringer sind natürlich für den Verzehrgeeignet. In ihre Bastelsets, die die Meskas neben den bereitsfertigen «Pflaumentoffel» anbieten, ist deshalb auch immer einezusätzliche Pflaume für Naschkatzen. Meist verstauben undverschrumpeln die Souvenirs jedoch als Erinnerung an Dresden übersJahr. In der nächsten Saison gibt es dann frische Glücksbringer.