Archäologen entdecken Grab eines Superreichen Archäologen entdecken Grab eines Superreichen : Größtes Herrschergrab Mitteldeutschlands liegt im Kabelsketal
Dieskau - Vor rund 3.800 Jahren hat offensichtlich ein schwerreicher Herrscher im heutigen Kabelsketal gelebt, der alle anderen überstrahlte. Das belegen eine Reihe von Indizien, die bei der diesjährigen Lehr- und Forschungsgrabung am frühbronzezeitlichen Großgrabhügel „Bornhöck“ gefunden wurden. Seit Mai waren dort Mitarbeiter des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt gemeinsam mit Studenten der halleschen Universität vor Ort.
„Die Grabungsfunde geben einen einmaligen Einblick in die Architektur frühbronzezeitlicher Herrschergräber und damit in die Sozialstrukturen zur Zeit der Himmelsscheibe von Nebra“, sagt Harald Meller, Direktor des Landesamts. Liegt im heutigen Kabelsketal womöglich der bislang unbemerkte Herrschaftssitz aus der Zeit der Himmelsscheibe?
Riesenhügel werden untersucht
Die Archäologen des Landsamts analysieren im Hinblick auf das Verständnis der Himmelsscheibe von Nebra und der damaligen Zeit seit einigen Jahren Spuren mehrerer verschwundener Riesenhügel mit modernen Methoden. Der „Bornböck“ ist seit Jahrhunderten als markanter Berg in einer sonst wenig strukturierten Landschaft bekannt gewesen. „Mit seiner außergewöhnlichen Größe von zwanzig Metern Höhe und fast 70 Metern Durchmesser war er einst eine Landmarke, die die Grenze zwischen Sachsen und Preußen markierte“, blickt Grabungsleiter Torsten Schunke in die Vergangenheit. Im 19. Jahrhundert wäre er fast dem Kohleabbau zum Opfer gefallen. Er ging jedoch an einen Bauern, der den mit guter Muttererde ausgestatteten Hügel über zwanzig Jahre hinweg abtrug, um den Boden seiner Felder aufzubessern.
Der Verbleib der damals zutage getretenen Fundobjekte sei unklar, sagt Schunke. Allerdings glaube man an eine Beziehung zu einem Goldschatz, der unter dem Namen Goldhort von Dieskau bekannt ist und im 19. Jahrhundert in der Nähe im „Sauren Loch“ gefunden worden sein soll.
Goldanalyse soll Verbindung prüfen
Dort seien unter anderem vier goldene Armreifen und ein goldenes Beil ans Tageslicht gekommen. Dieser Goldschatz befindet sich inzwischen in einem Museum bei Moskau. Die Herkunft des Goldes wird derzeit geprüft. Man will sie mit dem Edelmetall auf der Himmelsscheibe, das aus der Region Cornwall im Süden Englands stammt, vergleichen. Überhaupt verfügt die Region um Dieskau über zahlreiche archäologische Fundstätten. Experten vermuten, dass die Gegend seit Ende des dritten Jahrtausends vor Christus eine wichtige Rolle in einem überregionalen Kommunikationsnetzwerk spielte.
Meller und seine Kollegen setzen den Grabhügel „Bornböck“ auch in Beziehung zu anderen Fürstengrabhügeln aus dieser Zeit, wie jene von Leubingen im heutigen Landkreis Sömmerda und in Helmdorf im Landkreis Mansfeld-Südharz. Sie sind vom gleichen Grabtyp, jedoch im Vergleich mit dem bei Dieskau wesentlich kleiner. Es handelt sich um eine dachförmige Grabkammer im Zentrum, die aus doppelt gestellten, massiven Eichenbohlen errichtet und mit schweren Steinblöcken abgedeckt wurde. Dafür wurde auch Porphyr aus dem Raum Halle verwendet. Über den Steinkern kamen dann Tausende von Tonscherben und Knochen sowie guter, fruchtbarer Boden einer frühbronzezeitlichen Siedlung als Beigabe für den gestorbenen Herrscher.
Bei der Lehr- und Forschungsgrabung wurden nun detaillierte Belege dafür gefunden, die den Ablauf des Grabbaus nachvollziehbar machen. Steinschlagplätze und Feuerstellen sowie Wagenspuren der Transportmittel für das Baumaterial zeugen davon ebenso wie Trampelhorizonte der Bauarbeiter und die Entdeckung von Zurichtungsstellen für die Holzbalken.
Die Ausgrabungen für dieses Jahr sind abgeschlossen. In den kommenden Tagen wird der Grabungsplatz mit Planen abgedeckt und wieder mit Erde versehen. Doch bei der bisherigen Grabung soll es nicht bleiben. Es gibt Pläne für den Sommer 2016. „Im nächsten Jahr soll das Grab ausgehoben werden“, so Meller. Trotz der neuzeitlichen Beraubung der goldenen Beigaben hofft er auf Skelett-Teile ebenso zu stoßen wie auf Teile von Gefäßen, die einst mit ins Grab gegeben wurden. (mz)