André Poggenburg André Poggenburg: AfD-Chef von Sachsen-Anhalt hält Gläubiger hin
magdeburg - Wäre Unternehmer André Poggenburg ein Kreditinstitut, müsste man ihn wohl als „bad bank“ einstufen, als Bank mit dem Bonitätsmerkmal „Ramschniveau“. Der 40-jährige Landeschef der „Alternative für Deutschland“ und AfD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl hat jedenfalls seit Jahren erhebliche Probleme, Rechnungen zu begleichen. Daraus resultierende Mahn- und Gerichtsverfahren lassen ihn scheinbar unbeeindruckt - bis hin zur Anordnung von Haftbefehlen.
Probleme seit drei Jahren
Nach aktuellen Auszügen der Wirtschaftsauskunftei Creditreform beginnen die finanziellen Probleme des Inhabers eines Fachbetriebs für Autokühler Anfang Februar 2013: Seinerzeit wurden erstmals zwei Haftbefehle erlassen, jeweils weil Poggenburg der Anordnung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über seine Vermögensverhältnisse nicht nachgekommen ist. Es folgen sieben weitere Eintragungen über die „Nichtabgabe einer Vermögensauskunft“ bis Dezember 2015.
Dieser früher „Offenbarungseid“ genannte Akt wird vollzogen, wenn ein Schuldner sich weigert, trotz Mahnungen seine Rechnungen zu begleichen, erläutert der Naumburger Rechtsanwalt Carsten Berndt. Berndt vertritt einen Fotografen aus der Domstadt, der für Poggenburg einst dessen Fotos für Werbematerial im Landrats-Wahlkampf des Burgenlandkreises im Jahr 2014 gemacht hat. „Herr Poggenburg hat eine Kostennote unseres Mandanten über 230 Euro nicht bezahlt“, sagte Berndt der MZ. Die Summe entrichtete Poggenburg zwar im Laufe des Mahnverfahrens, „nicht aber die aufgelaufenen Gerichts- und Anwaltskosten“, sagte Berndt. Einen Kostenfestsetzungsbeschluss über 438 Euro des Amtsgerichts ignoriere Poggenburg jedenfalls bis heute, so Berndt: „Ich habe zwar gelesen, dass er die Summe bezahlt haben will, doch bei mir ist bislang nichts eingegangen.“ Daher habe er auch einen Haftbefehl gegen Poggenburg beantragt, den das Amtsgericht Naumburg Anfang November 2015 erlassen hat und über den die MZ bereits berichtete.
Poggenburg hatte auf MZ-Anfrage erklärt, er habe nach Erhalt des Haftbefehls mit dem zuständigen Gerichtsvollzieher telefoniert und anschließend die Summe beglichen. Die Sache sei daher erledigt. Wenn dem so ist, dann handelt es sich allerdings nur um eine von weiteren Forderungen gegen den Politiker: Nach MZ-Informationen schuldet Poggenburg als Inhaber eines Handwerksbetriebes der Handwerkskammer Halle die Grundbeiträge der Jahre 2011 bis 2015. Inklusive Mahngebühren eine Summe von rund 900 Euro, auf die die Kammer bis heute wartet. Kammerpräsident Thomas Keindorf wollte sich auf MZ-Anfrage allerdings nicht äußern. Poggenburg hatte seine Außenstände - nach eigenen Angaben „Beträge bis 3 000 Euro“ - zunächst damit erklärt, dass sowohl bei einem Einbruch im Oktober 2015 als auch bei mehreren Diebstählen seiner Post sowie der Zerstörung seines Briefkastens „viele Unterlagen abhandengekommen“ seien.
Die Attacken auf seinen Briefkasten erfolgten, seit er dort einen Aufkleber der AfD angebracht habe. Dies erklärt freilich nicht, warum Poggenburg bereits 2013 nicht auf Rechnungen und Mahnungen reagierte, aus denen die ersten zwei von insgesamt drei Haftbefehlen resultierten: Zu diesem Zeitpunkt war er noch gar nicht Mitglied der AfD. Ein Teil der Eintragungen ins Schuldnerregister passen auch nur bedingt mit Poggenburgs Erklärungen der „Doppelbelastung als Selbstständiger sowie ehrenamtlicher Kreisrat und vor allem sehr engagierter Partei-Funktionsträger“ zusammen: Kreisrat ist Poggenburg seit Mai 2014; AfD-Landesvorsitzender wurde er im selben Jahr. Erst 2015 kam er in den Bundesvorstand.
Firma ohne Mitarbeiter
Kausalitätsprobleme bereiten auch andere Erklärungen Poggenburgs: Anfang Januar sagte er der „Magdeburger Volksstimme“, er beschäftige in seiner Firma im Burgenlandkreis „drei bis fünf Teilzeitkräfte“. Laut „Creditreform“ arbeitet in Poggenburgs Firma seit 2011 genau ein Mitarbeiter - Poggenburg selbst. Am Dienstagabend teilte die AfD dann via Pressemitteilung mit: „Der Fachbetrieb des Herrn Poggenburg hat zum Jahreswechsel seine Auftragsannahme eingestellt.“
Eines stimmt aber: dass Poggenburgs Betrieb „vollkommen darlehensfrei“ ist. Denn neun Banken und Bankengruppen, das Ratingunternehmen Standard & Poor’s und Creditreform selber haben Firmeninhaber Poggenburg in die höchste Risikoklasse eingestuft, in der die Kreditvergabe einem Totalausfall gleich kommt. „Von einer Geschäftsbeziehung wird abgeraten“, heißt es bei Creditreform.