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Altmetall Altmetall: Das illegale Schrott-Geschäft

Von Katrin Löwe 16.05.2007, 17:17

Halle/MZ. - Die Polizei rückte mit großen Unimogs an, Baggerschaufeln gruben sich immer wieder in das Erdreich rund um den See in Kleinwusterwitz (Jerichower Land). Was sie ausbuddelten, waren die Hinterlassenschaften einer millionenschweren Beute: Plasteschläuche, schwarze und bunte Kabelmäntel von Kupfer-, Strom- und Telefonleitungen. In bis zu 1,5 Metern Tiefe in Gräben versteckt von einer Bande aus elf mutmaßlichen Metalldieben aus Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Mit dem Baggereinsatz fand die Polizei vor kurzem die letzten entscheidenden Beweise gegen eine Bande, die für mehr als 100 Delikte verantwortlich sein soll.

Für das Landeskriminalamt (LKA) in Sachsen-Anhalt sind Fälle wie diese längst nicht neu. "Metalldiebstahl ist ein generell zunehmendes Problem", sagt LKA-Sprecher Frank Frenkel. Die Beute reicht von der Regenrinne beim privaten Hausbau bis hin zu ganzen Paletten von Kabeltrommeln. "Die Isolierungen werden abgeschält, Kabel akribisch zerkleinert und teilweise noch in unmittelbarer Tatortnähe wieder verkauft", sagt Frenkel. So ist es für die Polizei, aber auch für die Ankäufer mitunter schwer, Diebesware zu erkennen.

Die Verluste liegen in Millionenhöhe. Allein durch Sachsen-Anhalts Landespolizei wurde im vergangenen Jahr bei 573 Fällen von Metalldiebstahl (Buntmetall, Edelmetall, sonstiger Schrott) ein Schaden von 2,9 Millionen Euro registriert. 2002 waren es noch 270 Fälle und rund 900 000 Euro Schaden. "Die Diebe werden immer dreister", sagt Frenkel. Sie scheuen sich nicht, selbst im Tageslicht mit schwerer Technik vorzufahren und mitzunehmen, was nicht niet- und nagelfest ist. Ende April erbeuteten Unbekannte bei einer Schrottverwertungsfirma im Altmarkkreis Salzwedel 42 Tonnen Kupfer- und Aluminiumschrott.

Zu kämpfen hat mit den Dieben insbesondere auch die Deutsche Bahn AG. "Das ist ein leidiges und zunehmendes Problem, das der Bahn mittlerweile bundesweit Schaden in zweistelliger Millionenhöhe zufügt", sagt Sprecherin Karin Schwelgin. So verschwinden Oberleitungs- und Erdungskabel, aber auch ganze Gleise stillgelegter Strecken. Der Schwerpunkt liegt nach Angaben der Bundespolizei im östlichen Bereich Deutschlands von Berlin bis in die Region Halle-Leipzig.

Allein in Sachsen Anhalt, Thüringen sowie dem Regierungsbezirk Leipzig zählte die für Bahngelände zuständige Bundespolizei im vergangenen Jahr 737 Fälle. Seit Oktober führt deshalb in Halle eine Sonderkommission "Kupfer" den Kampf gegen den Schrott-Klau. Erst Ende April konnte sie eine fünfköpfige Bande dingfest machen, die an der Bahnstrecke Halle-Leipzig Buntmetall und sogar ganze Maschinen von Baustellen gestohlen hatte. Wie professionell die Täter ausgerüstet waren, zeigte sich auch daran, dass bei ihnen eine Maschine zum Lösen von Gleisen sichergestellt wurde.

Über den Hintergrund des zunehmenden Phänomens sind sich alle Beteiligten einig: sprunghaft in die Höhe geschnellte Rohstoffpreise. An der Londoner Rohstoffbörse etwa stieg der Preis für eine Tonne Kupfer seit 2003 auf fast das Dreifache - nunmehr rund 6 000 Euro. Der für Aluminium verdoppelte sich. Entsprechend mehr zahlen auch Ankäufer. Branchenvertreter mutmaßen längst organisierten Handel mit gestohlenem Metall. "Bei großen Mengen wird die Beute meist von Banden hinter der Grenze in Richtung Osteuropa verkauft", sagt der Geschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen, Ulrich Leuning. Das illegale Geschäft mit Schrott boomt.