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Aktueller Wasserstand Aktueller Wasserstand: Deshalb führt die Saale mehr Wasser als die Elbe

Von Hajo Krämer 12.08.2015, 18:38
Die Saale am Mittwoch in Halle: Der Pegel ist zwar gesunken, aber es gibt noch genug Wasser. Ganz anders ist die Situation an der Elbe.
Die Saale am Mittwoch in Halle: Der Pegel ist zwar gesunken, aber es gibt noch genug Wasser. Ganz anders ist die Situation an der Elbe. Andreas Stedtler Lizenz

Halle (Saale)/Magdeburg - Die Elbe „verhungert“ regelrecht: Der durch Sachsen-Anhalt fließende Strom führt derzeit so wenig Wasser wie zuletzt im Jahr 1967. So extrem wenig Wasser, dass jetzt die sogenannten Hungersteine auftauchen, wie etwa in Schönebeck bei Magdeburg. Die Steine wurden vor Jahrhunderten von Anwohnern bei extrem niedrigen Wasserständen ins Flussbett gelegt und oftmals mit einer Jahreszahl versehen. Den Namen bekamen sie, weil ihre Sichtbarkeit auf Ernteausfälle oder das Aus für die Schifffahrt hinwies - und die Menschen dann zu hungern hatten.

Ein paar Kilometer weiter an der Saale ein völlig anderes Bild: Der Zufluss der Elbe hat einen viel höheren Wasserstand. 3,07 Meter zeigt der Unterpegel in Calbe. In Magdeburg an der Elbe-Strombrücke sind es zurzeit nur noch 55 Zentimeter. Wie kommt das? Sind die beiden Flüsse wirklich so unterschiedlich, dass der eine „verhungert“, während der andere nicht „verdurstet“?

Viele Gründe

Dafür gibt es viele Gründe, sagt Detlef Möbes vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW). Da sei zum Beispiel die unterschiedliche Breite der Flüsse. Während die Elbe - einer der natürlichsten Flüsse Europas, der nicht so begradigt ist wie beispielsweise der Rhein - im Stadtgebiet Magdeburg 150 Meter breit sei, ist die Saale viel schmaler. „Bei einem geringeren Profil ist dann auch der Wasserstand höher“, erklärt Möbes.

Nichtsdestotrotz würden Pegelstände allein keinen Vergleich der beiden Flüsse ermöglichen. Denn sie seien quasi nicht auf ein gemeinsames Niveau eingemessen und so von Fluss zu Fluss und auch innerhalb eines Gewässers von Pegel zu Pegel unterschiedlich. Jeder Fluss sei anders und habe zum Beispiel in Fließrichtung unterschiedlich viele Wasserzuläufe.

Wenn Flüsse zu Rinnsalen werden, müssen Fähren den Betrieb einstellen. Schon passiert ist das gestern in Prettin-Dommitzsch an der Elbe (Kreis Wittenberg). Auch die Fähre in Barby (Salzlandkreis) ist betroffen. In Aken darf die Fähre statt zwölf Tonnen Gesamtgewicht nur zwei Tonnen übersetzen. Nicht betroffen sind die Fähren an der Saale, so Fährmann Reinhard Zametschnik aus Wettin (Saalekreis). Dank Staustufen liege die Wassertiefe bei über vier Metern.

Die Fahrgastschiffe auf der Elbe in Magdeburg sitzen so gut wie auf dem Trockenen - oder sie weichen auf den Mittellandkanal aus. Auch im Hafen Aken passiert nicht viel. Avisierte Schubverbände bleiben laut Hafenchef Peter Ziegler aus. Dagegen gibt es für die Saale-Fahrgastschiffe, die von Halle aus starten, keine Einschränkungen.

Die Polizei warnt davor, die Elbe oder auch andere Wasserläufe zu unterschätzen. Wer zu Fuß abkürzen wolle, könne böse überrascht werden. Der Untergrund im Flussbett weise trotz Niedrigwasser noch Untiefen auf. Außerdem lege die Trockenheit mitunter gefährliche Hinterlassenschaften frei. Gestern wurde in der Kliekener Aue eine Panzermine entdeckt. Der Kampfmittelräumdienst transportierte den Fund ab.

Die Wasservorräte werden derzeitig so intensiv angezapft wie lange nicht. Der Verbrauch sei nach Auskunft der Versorger um bis zu 80 Prozent angestiegen. Der Bedarf der Region könne aber gedeckt werden, versichert die Fernwasserversorgung Ostharz-Elbaue. Auch die gewohnte Qualität des Wassers sei jederzeit gewährleistet.

Den relativ hohen Wasserstand der Saale führt Möbes aber eindeutig auch auf die vielen Staustufen im Unterlauf des Flusses zurück. Sie wurden einst eingerichtet, um die Saale in Trockenzeiten schiffbar zu halten. Sie stauen - wie der Name schon sagt - das Wasser auf, womit natürlich auch der Wasserstand angehoben werde, so Möbes. Über die angelegten Schleusen werden die Schiffe dann je nach Fahrtrichtung nach oben oder unten gehoben. „Auch Talsperren tragen dazu bei, dass der Wasserstand gehalten wird“, sagt Möbes, der unter dem Dach des LHW beim Gewässerkundlichen Landesdienst arbeitet. Und da hat die Saale mehr zu bieten als die Elbe.

Talsperren hätten neben der Versorgung der Menschen mit Trinkwasser und dem Hochwasserschutz eben auch die Funktion, niedrige Pegelstände zu erhöhen. So speise etwa die Talsperre Wendefurth im Harz zurzeit Wasser in den Saale-Zufluss Bode ein, was den Wasserstand der Bode stabilisiert. Letztlich kommt das dann auch in der Saale an.

Niederschläge haben keinen Einfluss

Und die Niederschläge? Spielt das Wetter auch eine Rolle, weil es vielleicht im Einzugsgebiet der Saale mehr geregnet hat als an der Elbe? Möbes schüttelt den Kopf. Trotz gelegentlicher Sommergewitter habe es etwa im Harz in der letzten Woche nur maximal vier Millimeter Niederschlag an einem Tag gegeben. „Die Niederschlagsmenge reicht bei weitem nicht, um die Flüsse aufzufüllen - sie kommt nicht mal in den Flüssen an“, erläutert Möbes. Das bisschen Regen verdunste, versickere im knochentrockenen Boden oder werde von Pflanzen aufgenommen. Die Flüsse gehen leer aus. Und das schon die ganzen Sommermonate hindurch. „Das Jahr 2015 wird in die Statistik eingehen als ein extremes Trockenjahr“, ist sich der Fachmann sicher. „Zumindest für die Sommermonate steht das jetzt schon fest.“ (mz)

Ein sogenannter Hungerstein mit Jahreszahlen liegt gut sichtbar in der Elbe bei Pirna-Oberposta.
Ein sogenannter Hungerstein mit Jahreszahlen liegt gut sichtbar in der Elbe bei Pirna-Oberposta.
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