Aggressive Schuldner in Thüringen Aggressive Schuldner in Thüringen: Gerichtsvollzieher wollen Pfefferspray haben

Eisenach/Erfurt/dpa - Thüringens Gerichtsvollzieher dringen auf einen besseren Schutz. In einem Schreiben an das Justizministerium forderten sie die Ausstattung mit Pfefferspray, um sich in brenzligen Situationen verteidigen zu können. Wie Mitarbeiter der Gerichte und der Staatsanwaltschaften seien Gerichtsvollzieher bei ihrer dienstlichen Aufgabenerfüllung nicht nur verbalen, sondern auch tätlichen Angriffen ausgesetzt, heißt es in dem Schreiben.
Der Vorsitzende des Landesverbandes Thüringer Gerichtsvollzieher, Andreas Zedel, verwies im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa unter anderem auf das tödliche Geiseldrama im Sommer 2012 in Karlsruhe. Bei der Zwangsräumung einer Wohnung hatte damals ein Arbeitsloser seine Lebensgefährtin, einen Gerichtsvollzieher, zwei weitere Männer und sich selbst erschossen.
Obwohl dies ein Einzelfall war, sehen sich Gerichtsvollzieher laut Zedel einer zunehmenden so empfundenen oder tatsächlichen Bedrohung ausgesetzt, für die es oft einen ideologischen Hintergrund gebe. So seien beispielsweise im hessischen Fulda, im sächsischen Bärwalde oder in Weimar Gerichtsvollzieher von sogenannten „Reichsdeutschen“ angegriffen und teilweise auch gefesselt worden. Diese Bewegung zweifelt die Existenz der Bundesrepublik an und erkennt Behörden- und Gerichtsentscheidungen nicht an.
„Die Ausrüstung mit Pfefferspray würde den Kollegen und vor allem den Kolleginnen mental mehr Sicherheit vermitteln“, sagte Zedel. Von den 112 Gerichtsvollziehern in Thüringen sind 60 Prozent Frauen. Sie seien immer allein unterwegs, auch in schwierigen sozialen Milieus. Im Umgang mit aggressiven Schuldnern könnten sich Gerichtsvollzieher zunächst nur auf ihr Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen verlassen. Im Notfall fehle unter Umständen die Zeit, um die Polizei zur Unterstützung anzufordern. „Die Zahl der Angriffe auf Gerichtsvollzieher ist gering, es gibt sie aber“, betonte Zedel.
Das Thüringer Justizministerium erklärte, der Wunsch nach Ausstattung der Gerichtsvollzieher mit Pfefferspray werde geprüft. Gleichzeitig verwies es darauf, dass zur Aus- und Fortbildung auch ein Deeskalationstraining gehöre. Bei Justizwachtmeistern an den Gerichten gehöre derzeit ebenso wenig Pfefferspray zur Standardausrüstung. Sie verfügten „nur“ über Schlagstöcke und Handfesseln.