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800-Quadratmeter-Regel 800-Quadratmeter-Regel: Gericht hält an Obergrenze fest - doch sie soll bald fallen

Von Alexander Schierholz 28.04.2020, 20:07
Maskenpflicht
Maskenpflicht dpa

Magdeburg - Wie schnell sich die Lage ändert in diesen irren Corona-Zeiten, und wie schnell sich die Wirklichkeit manchmal quasi selbst überholt, das lässt sich an diesem Dienstag gut am Thema Einkaufen ablesen.

Um 11.43 Uhr teilt das Oberverwaltungsgericht Magdeburg mit: Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 Quadratmetern müssen in Sachsen-Anhalt geschlossen bleibt. Geklagt gegen diese Regelung zum Eindämmen der Corona-Pandemie hatte der Sportartikelhändler Sport-Scheck. Der 3. Senat hatte die Klage bereits am Montag abgewiesen.

Gegen 14.30 Uhr dann verkündet Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in der Landespressekonferenz: Die 800-Quadratmeter-Grenze soll fallen. Um 15.50 Uhr schließlich meldet sich per Pressemitteilung Alexander Raue zu Wort, seines Zeichens wirtschaftspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Landtag. Seine Forderung: Weg mit der 800-Quadratmeter-Regelung!

Höchstrichterlich: Verkaufsflächen-Obergrenze gilt weiter

Puh! Und nun? Fest steht: In dieser Woche gilt die Obergrenze weiter, höchstrichterlich bestätigt. Der Beschluss sei nicht anfechtbar, sagt eine Gerichtssprecherin. Die Richter des 3. Senats sehen gute Gründe für die Verkaufsflächenbegrenzung. So könnten Besucherströme „in wesentlichen Teilen“ begrenzt werden, argumentieren sie. Schließlich würden große Läden mehr Publikum anziehen als kleine.

Von nächster Woche an will das Land die 800er-Grenze - Haseloff spricht von einem „leidigen Problem“ - aber kippen. Was dann kommt? „Näheres am Sonnabend“, sagt der Regierungschef. Es dürfte darauf hinauslaufen, dass sich auf einer bestimmten Zahl von Quadratmetern nur eine bestimmte Zahl von Kunden aufhalten darf. Am Sonnabend will das Land die nächste Corona-Eindämmungsverordnung vorstellen; es ist mittlerweile die fünfte.

Handelsverband mahnt bundesweit einheitliche Regeln an

Bundesweit bewerten Gerichte die 800-Quadratmeter-Regelung unterschiedlich: In Hamburg und Bayern etwa wurde sie gekippt. Im Saarland und in Niedersachsen hat sie, wie in Sachsen-Anhalt, Bestand. Angesichts dieses Wirrwars mahnt der Handelsverband Deutschland am Dienstag vorsorglich bundesweit einheitliche Regeln für den Einzelhandel an und warnt vor einem „föderalen Flickenteppich“.

Dem OVG in Magdeburg lagen am Dienstag noch eine Reihe weitere Klagen gegen die Obergrenze vor; mit der Neuregelung ab Montag werden sie sich wohl erledigt haben. Dennoch sagt Haseloff mit Blick auf die Rechtsstreitigkeiten, er sei es leid, „dass wir ständig von Gerichten begleitet werden“. Zwar habe Sachsen-Anhalt in puncto 800er-Grenze Recht bekommen. „Aber“, ahnt der Ministerpräsident, „es ist ja kein Ende abzusehen“. Neue Verordnung, neue Klagen. (mz)