50 Jahre Trabant 50 Jahre Trabant: Ein Auto nicht von Pappe
Halle/MZ. - Dietrich Koch ist ein Pionier. Der pensionierte Lehrer ließ 1982 im nordrhein-westfälischen Mettingen das erste Windrad Deutschlands bauen. Zehn Jahre später setzte er in einen Trabant einen Elektromotor ein und fuhr so den ersten Öko-Trabi. Den Strom für das Fahrzeug erzeugt ein aufmontiertes Solardach.
Mit dem Elekto-Trabant nahm Koch an Rallyes für Solarfahrzeugen teil. "Mit einem Gewicht von 660 Kilogramm war der Trabant bestens geeignet", sagt Koch. Der Zweitakt-Motor wurde durch einen Elektromotor ersetzt. Getriebe, Bremsen, Karosserie blieben unverändert. Koch schwärmt von der Robustheit des Wagens: "Ich bin über 50 000 Kilometer damit gefahren." Auch heute noch rollt der Elektro-Trabi im Windpark bei Dardesheim (Kreis Harz). Getankt wird in sonnenarmen Zeiten an der Steckdose eines Windrades. "Der Öko-Strom ist billiger als Benzin, der Trabant hat uns die nötige Aufmerksamkeit verschafft", so Koch.
In der DDR wurde der Trabi verehrt wie verachtet. Das Auto ermöglichte die kleine individuelle Freiheit mit der Urlaubsfahrt an die Ostsee, doch galt der Wagen auch als technisch hoffnungslos veraltet. Nach der Wende wandelte sich das Plastik-Vehikel schnell vom Massenprodukt zum Kultobjekt. Bereits 1991 lockte die Komödie "Go Trabi Go" 1,6 Millionen Menschen in die Kinos. Zu dieser Zeit rollten noch 900 000 Trabants über die ostdeutschen Straßen.
Heute sind noch rund 52 000 Fahrzeuge angemeldet. Obwohl meist nur von Studenten und älteren Menschen gefahren, gehören Trabis zu den am meisten gestohlenen Autos - nur Porsche-Besitzer haben ein höheres Risiko. Viele der Mitglieder in den über 130 Trabi-Clubs in Deutschland sind meist noch keine 30 Jahre alt, zur Wende waren sie noch Kinder. So wie Markus Thumser. Der 24-jährige Kfz-Mechaniker leitet den Verein "II-Taktgenossen" in Halle. "Ich habe auf dem Trabant fahren gelernt", sagt er. Der knatternde Wagen wurde seine Leidenschaft. "Ich habe bestimmt schon 20 verschiedene Typen aufgebaut", sagt Thumser. Die einfache Konstruktion erlaube, jede Reparatur selbst auszuführen.
Jede frei Minute verbringt Thumser in der Vereinswerkstatt in Halle-Ammendorf. In einer kleinen Halle stehen mehrere ausgeschlachtete Fahrzeuge, im Klub-Raum hängt ein Bild von Erich Honecker. "Ja, etwas Ostalgie gehört beim Trabi schon dazu", sagt Thumser. Dies sei nicht politisch gemeint. "Wir sind alles Ossis, dies verbindet." Den Umbau von Trabis zu Stretchlimousinen oder Geländewagen lehnt Thumser wie viele andere Liebhaber des Zweitakters ab. Für ihn zählt nur das Original.
Virtuos surft der bekannteste Trabant-Fahrer Sachsen-Anhalts Rolf Becker - besser bekannt als "Drehorgel-Rolf" - auf der Ostalgie-Welle. Er entdeckte den Trabant früh als Marktlücke und fuhr mit ihm auf allen fünf Kontinenten. Die längste Strecke führte den Hallenser 15 000 Kilometer quer durch Afrika. So wurde der Trabi vom Flughafen der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba gebucht. "Man wollte für das dortige Drehkreuz werben", so Becker. "Mit dem Trabant erhält man immer ein Presseecho." Bei vielen Trabi-Clubs erntet er damit keinen Applaus. Ihnen missfällt das ewige Image als ulkiges Werbeautos. "Der Trabant spaltet, dies hat er immer getan", so Becker.
Einig ist sich die Fahrer-Gemeinde in zwei Dingen: Einer möglichen Neuauflage des Wagens geben sie wenig Chancen. Eine Trabi-Imitation für 20 000 Euro werde kaum Käufer finden. Auf der anderen Seite glauben die Fans, dass ihr 26-PS-Gefährt künftig eher mehr als weniger Aufmerksamkeit bekommt. Für einen fahrtüchtigen Trabi muss ein Käufer heute bereits 1 000 Euro zahlen - Tendenz steigend. Denn mit jedem verschrotteten Trabant gewinnen die noch Fahrtüchtigen an Wert.