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Zetti in Zeitz Zetti in Zeitz: Ehemalige Mitarbeiterin erinnert sich an Knusperflocken & Co.

Von Yvette Meinhardt 05.03.2017, 09:00
Seit den 1970ern gab es die kleinen Tafeln.
Seit den 1970ern gab es die kleinen Tafeln. Weimer

Zeitz - Sie waren in aller Munde: Knusperflocken, Schlager-Süßtafel und Bambina aus dem Hause Zetti trugen einen guten Ruf der Stadt Zeitz in die Welt hinaus. Das Unternehmen gibt es bis heute, und Knusperflocken auch.

Geschichten und Anekdoten über die Firma gibt es viele. Dazu gehört zum Beispiel, dass zu DDR-Zeiten Rinderblut als Kakao-Ersatz diente und für die schokoladenartige Farbe sorgte. „Nein, das stimmt nicht, richtig ist jedoch, dass Knäckebrot verwendet wurde“, sagt Stefanie Scholle. Sie ist im Jahre 1971 direkt vom Studium als Technologin zum volkseigenen Betrieb gekommen. Kakao-Bohnen gab es damals bei Zetti nicht, denn als Grundstoff wurde eine fertige Schokoladenmasse angeliefert. In Zeitz wurde dann zum Beispiel das Knäckebrot zugegeben, und so entstanden die Knusperflocken. Beliebt waren auch die kleinen Schokoplätzchen mit den bunten Streuseln, die zu Weihnachten als Baumbehang genutzt wurden.

Stefanie Scholle erinnert sich: „Als ich anfing, wurden noch schwere Zuckersäcke geschleppt“

Als Technologin war die junge Frau damals für die Organisation von Arbeitsabläufen zuständig. „Als ich anfing, wurden noch schwere Zuckersäcke geschleppt. Diese harte körperliche Arbeit wurde Schritt für Schritt abgeschafft, dafür eine neue Produktion mit modernen Zuckersilos aufgebaut. Beim ersten Probebetrieb hat es so gestiebt, dass die Feuerwehr dachte, es brennt“, erinnert sie sich lachend. Auch die Umstellung von Braunkohle auf Öl sei eine große Sache gewesen. Dafür wurde extra ein neues Kesselhaus gebaut. Als allerdings das Öl zu teuer wurde, drehte man die Umstellung wieder zurück und heizte mit der einheimischen Kohle.

Aus dem Hause Zetti kamen zahlreiche Produkte, die Spanne reichte dabei von den teuren schokoladeüberzogenen Nüssen, die im Delikat verkauft wurden, bis zur Massenware Fondant. Egal ob zu Ostern oder zu Weihnachten, den zuckersüßen Fondant gab es zu allen Gelegenheiten und in vielen Variationen.

„Dafür wurde eine hochmoderne so genannte Mogulanlage angeschafft, diese kam sogar aus Australien“, erzählt Stefanie Scholle weiter. In diesem Pudergussverfahren (Mogul) konnten Schaumfiguren, Gelee und Fondant gegossen werden. In sogenannten Puderkästen, die typischerweise aus Holz bestanden, wurden die Formen in das Puder gedrückt, dann die Masse gegossen, getrocknet und am nächsten Tag ausgepudert - beschreibt die Technologin das Verfahren. Es wird bis heute in der Industrie angewendet. „Im Werk konnte jeder so viel essen, wie er wollte, doch wehe, es packte mal jemand eine Tafel Schokolade ein und wollte sie mitnehmen, dann landete er gleich vor der Konfliktkommission“, erinnert sich die Frau aus Profen. Und dann gab es noch die geheimnisvolle Lagerhalle auf dem Gelände des Güterbahnhofes. „Hier wurden Staatsreserven für den Notfall gelagert, wie zum Beispiel Zwieback, Fleischkonserven und Kohlenanzünder. Die Halle gehörte zwar nicht zu Zetti, aber wir mussten sie regelmäßig kontrollieren, Inventur machen und nach abgelaufenem Haltbarkeitsdatum wieder auffüllen“, erzählt Frau Scholle weiter. Bis 1988 hat sie bei Zetti gearbeitet, danach die Bäckerei der Eltern in Profen übernommen und als Eiscafé umgebaut. Wer sich umschaut, der findet manche Spuren von Zetti. Da ist zum Beispiel die wunderschöne gusseiserne Treppe. „Diese sollte beim Abriss des Kesselhauses verschrottet werden, da habe ich sie mitgenommen“, erklärt sie. An der Decke hängen alte Formkästen der Mogulanlage als Vertäfelung.

Die Anfänge der Zeitzer Süßwarenproduktion reichen fast 200 Jahre zurück

Die Industriegeschichte der Stadt Zeitz ist eng mit der regionalen Süßwarenproduktion verbunden. So schufen der Abbau der Braunkohle und die Entstehung der Zuckerfabrik gute Voraussetzungen für eine Schokoladenfabrik. Laut Wikepdia gründete Friedrich August Oehler (1801–1859) bereits 1831 in Zeitz eine Material-, Tabak- und Farbwarenhandlung. Die Produktion von Back- und Zuckerwaren startete 1846. Sein Schwiegersohn H. R. Gustav Donalies erweiterte die Produktionspalette von Makronen, Pumpernickel und Zuckerbrot mit Raffinade, Dragées und Karamellbonbons. 1894 erwarb Donalies ein 10 000 Quadratmeter großes Gelände im Norden von Zeitz. Die Firma Oehler produzierte bis in die 1950er Jahre an diesem Standort.

Aus Felsche wurde 1953/1955 der VEB Süßwarenfabrik Goldeck. 1962 folgte die Fusion zum VEB Leipziger Süßwarenbetrieb. Die Produktion konzentrierte sich auf Weichkaramellen, Kakao, Kakaobutter und Überzugsmassen. 1980 wurde der Betrieb in den neu gegründeten VEB Kombinat Süßwaren Delitzsch eingegliedert. 1953 wurde F.A. Oehler Teil der VVB Süßwarenindustrie Dresden, die 1955 die Schokoladenproduktion wieder aufnahm. 1970 startete die Herstellung kleinformatiger Schokoladentafeln (10g und 25g), die die Marke Begriff „Zetti“ populär machten, denn der Betriebsteil in Zeitz blieb als VEB Zetti Schokoladen- und Zuckerwaren Zeitz erkennbar. Die Verpackung war mit verschiedenen Motiven bedruckt, so mit Figuren aus der Fernsehendung „Sandmännchen“. In den 1970er Jahren begann die Produktion von Zetti-Knusperflocken. 1989 erzeugte der Betrieb Schokoladentafeln und Knusperflocken, Kakao-, Fondant-, Gelee-, Dragée- und Schaumzuckerwaren sowie Baumbehang. (mz)