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Zeitz Zeitz: Leerstand in den Kleingärten

Von Yvette Meinhardt 21.10.2012, 15:21

zeitz/MZ. - Die Dahlien leuchten prächtig, die Rosen duften verführerisch, sogar zarte Primeln recken ihre Blüten noch einmal empor. Die ungewöhnlich milden Temperaturen am Wochenende locken die Kleingärtner auf ihre Parzellen. Doch in der Zeitzer Sparte Neues Leben herrscht nicht nur Sonnenschein. Fast jeder dritte Garten steht hier leer. Wie ein Flickenteppich ziehen sich die herrenlosen Parzellen durch die Anlage. "Von 316 Gärten stehen schon heute 83 leer", sagt Klaus-Dieter Huth. Seit 1992 ist er mit Unterbrechungen Vorsitzender im Verein.

Genau 99 300 Quadratmeter groß ist die Sparte, davon stehen jetzt 23 000 Quadratmeter leer. Die teilweise Hanglage und fehlende Parkplätze machen eine Wiederbelebung schwer. Doch der Vereinsvorsitzende hat noch andere Sorgen. Demografischer Wandel heißt das Schlagwort. So hat Huth für das Neue Leben eine Statistik aufgemacht. Demnach sind fünf Prozent der Pächter über 80 Jahre alt, 33 Prozent sind zwischen 70 und 80 Jahre und weitere 14 Prozent über 60 Jahre alt. Also ist jeder zweite Kleingärtner schon über 60 Jahre alt.

Damit wird der Leerstand in den nächsten Jahren weiter steigen. "Wenn bei uns 150 Gärten leer stehen, dann können wir eigentlich zu machen", sagt Huth und weiß doch keinen Ausweg. Junge Leute gibt es kaum. Nur einzelne Familien suchen im Kleingarten ihr Glück. "Wir brauchen dringend Hilfe von außen, die Politiker sind hier gefragt", fährt der 53-Jährige fort.

In Zeiten, als es noch ABM-Kräfte gab, wurden die leerstehenden Parzellen von ihnen gepflegt. Heute blühen Goldrute, Brennnesseln, kurzum Unkraut aller Art ohne Unterlass. Auch wenn gelegentlich in freiwilligen Arbeitseinsätzen die leeren Gärten gemäht werden, so sei dass nur ein Tropfen auf den heißen Stein. "Wir müssten manche Laube zurückbauen, doch das kann ich von meinen Leuten, die schon über 60, 70 sind, nicht verlangen", sagt Huth.

Hinzu kommen immer wieder Sachschäden durch Randalierer. Da werden Zäune eingetreten und Türen aufgehebelt. An einem einzigen Wochenende wurden laut Huth 30 Wasserhähne abgeschraubt und auf dem Schrottplatz zu Geld gemacht. Die Mehrzahl der Diebstähle werde zwar der Polizei angezeigt, doch viele Verfahren stellt die Staatsanwaltschaft ein.

Helmut und Christine Mosemann haben da ihre eigenen Erfahrungen gemacht. "Bei uns wurden gerade erst Zucchini und Salat geklaut, bei den Nachbarn fehlten Kürbisse und Dahlien. Einfach unglaublich", erzählt das Ehepaar. Sie haben schon seit "Ewigkeiten" ihren Garten hier, irgendwann zu DDR-Zeiten mit der Bewirtschaftung begonnen. Der Leerstand beschäftigt auch sie, denn gerade rüber liegt eine Parzelle brach und der Samen des Unkrautes macht natürlich nicht am Gartenzaun halt. "Doch wir lassen uns nicht unterkriegen", sagt Herbert Mosemann. Nebenan ist im Frühjahr ein Neuer eingezogen, darüber freuen sie sich.

Eine zwei Meter hohe Hecke hat Michael Kensy als Begrenzung auf seiner Parzelle. Sie hat vielerlei Funktionen, dient als Sichtschutz vor möglichen Dieben, als Flugschutz vor ungeliebten Samen, als Lärmschutz und ist darüber hinaus noch schön anzusehen. Seit 1986 hat Kensy seinen Garten hier und schon viel erlebt. "Einmal waren unsere Gehwegplatten herausgerissen und durch die Scheibe unser Laube geschmissen", berichtet der 58-Jährige. "Doch bei uns gibt es keine Schätze zu holen, wir bewahren keine Wertgegenstände in der Laube auf", fügt die Ehefrau hinzu. Der Mann greift unterdessen zum Spaten und gräbt das Beet für die Frühjahrsbestellung um. Gurken, Bohnen und Zucchini werden alle Jahre wieder angebaut. Hinzu kommt ein wenig Obst vom Kirsch- und Pflaumenbaum. Beim Thema Leerstand zucken sie die Schultern, es sei nicht schön, aber was könne man tun? "Wenn ein Garten zwei, drei Jahre leer steht, dann ist er verwildert", so bedauern sie die aktuelle Entwicklung.

Brigitte Senkbeil nutzt jeden Sonnenstrahl und gräbt ebenfalls ihren Garten um. "Seit zehn Jahren habe ich 250 Quadratmeter und bin bei schönem Wetter jeden Tag hier", sagt die 52-Jährige. Die ehemalige Anlagenfahrerin ist seit Jahren arbeitslos und nutzt die Gartenarbeit als willkommene Abwechslung. Außerdem schont es den Geldbeutel, wenn Kartoffeln, Möhren und Salat aus eigener Ernte den heimischen Tisch bereichern. "Ich liebe es, an der frischen Luft zu sein und mich körperlich zu bewegen", sagt sie und dabei legt sich ihr Hund in die Sonne. Sie freut sich, dass in ihrem Gang jemand Neues hinzugekommen ist. Doch einen verwilderten Garten wieder urbar zu machen sei eine schwierige Aufgabe. "Ich habe gleich ein paar Blumen ausgegraben, die ich den Neuen geben will", sagt sie.