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Wie eigene Firma kein Wagnis wird

Von Heike Riedel 07.03.2005, 19:18

Weißenfels/MZ. - Der Installateur für Gas- und Wasseranlagen Wolfgang Sauer hat Ende 2004 den Schritt gewagt, eine Ich-AG zu gründen. Hausmeisterdienstleistungen bietet der Lützener an, der seit 2001 arbeitslos ist und sich im Alter von 55 Jahren keine großen Chancen mehr auf dem Arbeitsmarkt ausrechnet. "Ich will endlich was zu tun haben, da ist mir die Existenzgründung ein möglicher Weg", nennt er seine Beweggründe. Das Risiko sei überschaubar, weil die Ich-AG gefördert wird. Abwarten hätte ihn wohl nur zum ALG II-Empfänger gemacht. Nun hofft er, sich einen Kundenstamm aufbauen zu können, der ihn weiter trägt als das Zuschussgeld vom Arbeitsamt. Mit Winterdienst und Kleinstreparaturen hat er erste Aufträge gefunden, doch zum Bilanzziehen ist es ihm zu früh.

"Gerade der Anfang ist sehr schwer", stellt Christine Zeischold fest. Die Krauschwitzerin hat bei sich zu Hause ein Service-Büro eröffnet, das kaufmännische Dienstleistungen für klein- und mittelständische Unternehmen und Hilfe für Privatpersonen anbietet, so im gesamten Buchhaltungsbereich, bei Lohn- und Gehaltsabrechnungen und im Mahnwesen, beim Schreiben von Bewerbungsunterlagen, Kopierarbeiten sowie bei Antragstellungen und Behördengängen. Beim ego-Piloten des Landkreises Weißenfels habe sie sich selbst das Rüstzeug für die Existenzgründung geholt und Mitte Dezember den Schritt über die Ich-AG gewagt, der ihr aussichtsreicher erschien, als auf die Angebote der Agentur für Arbeit zu warten.

Bis 1996 konnte die Ingenieurökonomin im Baugewerbe ihr Geld verdienen, doch seitdem die Ausbau Weißenfels GmbH ihre Geschäftstätigkeit eingestellt hat, ist sie trotz vieler Bewerbungen und Weiterbildungen nicht wieder in Arbeit gekommen. Beim CJD Zeitz und bei der KöSa Weißenfels kam sie über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zeitweilig unter, doch danach stand sie jedes Mal wieder am gleichen Punkt. Nun, wo sie 51 Jahre alt ist, kann sie alleinstehend mit Kind ihr Schicksal nur noch selbst in die Hand nehmen, so ihre Erkenntnis, die sich bestens treffe mit den Fördermöglichkeiten für die Ich-AG.

Den Schritt zur eigenen Firma leichter gemacht haben auch Ingeborg Schreiber die Angebote der Agentur für Arbeit. Sie hatte schon damit geliebäugelt, selbstentscheidend zu arbeiten, sich und ihre Zeit dafür einzubringen. Mit der dreijährigen Förderung für die Ich-AG und einem beratenden Helfer zur Seite hat sie am 1. Januar offiziell die Lombagine Cosmetics Fachberatung für die Biobalance der Haut in der Tagewerbener Straße in Weißenfels eröffnet.

Der ausgebildeten Krankenschwester war es im Büro ihres Mannes, der in Dehlitz eine Elektro-Installationsfirma hat, zu einsam geworden, weshalb sie wieder in den Pflegedienst einstieg. Auf das Lombagine-Angebot war sie schon gestoßen, bevor sie arbeitslos wurde. So fand sie dann bald ihren Ausweg. In Leipzig und Merseburg erhält sie von der Kosmetikfirma die fachliche Ausbildung, für den Rest sorgt sie selbst mit Hilfe der Agentur für Arbeit.

"Ich bin auf dem Weg, selbst ein ganz neuer Mensch zu werden", stellt sie zu den Veränderungen in ihrem Leben fest. 57-jährig fährt sie nun selbst in der Großstadt Auto, lernt Buchführung und Management sowie einen ganz neuen Umgang mit den Menschen als Kundschaft. "Und dazu kann ich noch mit schönen Dingen umgehen", das lässt sie den neuen Alltag genießen, wenngleich er noch längst nicht den erhofften finanziellen Gewinn bringt. "Ich habe materiell kein Risiko zu tragen und werde gut ausgebildet", erklärt sie aber ihren Mut und ihre optimistische Ausstrahlung.