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Weltenbummler Weltenbummler: Trägt Botschaft auf dem Rad in die Welt

Von Andreas Richter 04.12.2001, 16:15

Weißenfels/MZ. - Jetzt im Winter, wenn die Dunkelheit früh heraufzieht, kommt manchmal auch die Einsamkeit mit. Wenn Randolph Westphal nicht in einer Pension schläft, sondern irgendwo auf dieser Welt im Zelt liegt, allein mit seinem Hund Yukon. Und Kraft schöpft für den nächsten Tag auf dem Fahrrad.

Doch der 43-Jährige hat mehr gesehen und mehr erlebt als die meisten von uns, die "normal" zu leben glauben. Seit 14 Jahren sitzt der Mann aus dem Hessischen den größten Teil der Zeit auf dem Fahrradsattel. Mittlerweile hat er mehr als 91 000 Kilometer mit dem Rad zurückgelegt. Am Dienstag macht er auf seiner derzeitigen Tour von Finnland Richtung Wien kurz in Weißenfels Station.

Bei seinen Touren kommt es Westphal nicht allein auf die sportliche Leistung an. Er ist mit einer Botschaft unterwegs, die seinem eigenen Schicksal entspringt. 1987 geben ihm die Ärzte nur noch kurze Zeit zum Leben - Krebs im fortgeschrittenen Stadium. Westphal lässt über Monate Operationen und Therapien über sich ergehen. Doch er will leben. Also steigt er aufs Rad. Zusammen mit seinem Hund Shir Khan, ausgerüstet mit Schlafsack, Zahnbürste und Kochgeschirr durchstreift er Europa.

Schließlich zieht es ihn nach Nordamerika, durchquert er unter anderem im Winter die Rocky Mountains und Alaska. Im kanadischen Montreal ist ein Mediziner begeistert von der Art und Weise, wie er mit dem Krebs umgeht. Und Westphal spürt, dass er eine Mission hat. "Ich will Menschen zum positiven Denken bewegen", bekennt er beim Kaffee in der Weißenfelser MZ-Redaktion. "Für mich gibt es nur einen Weg, den Weg nach vorn. Stillstand bedeutet Tod", so die Botschaft eines Menschen, der den Anderen Mut machen will und das Selbstmitleid vieler Zeitgenossen hasst. Er spricht auf Universitäten, sucht eine Tribüne über die lokalen Medien vor Ort. Auch ein Buch hat er schon geschrieben, jedoch keinen Verleger gefunden.

Mit Randolph Westphal selbst meint es das Schicksal nicht immer gut. Bei einem Unfall in Argentinien wird er 1996 von einem Auto überrollt. Der Fahrer lässt ihn mit Kopfverletzungen und einem zu drei Vierteln abgetrennten Bein liegen. Während sein treuer Begleiter Shir Khan auf der Stelle tot ist, wird Westphal nach vier Stunden gefunden. Was folgt, sind Monate lange Aufenthalte im Krankenhaus. Doch ein Jahr später fährt er mit Krücken im Gepäck schon wieder los, nach England, Irland, Schottland. . .

"Ich kann schlecht laufen", sagt er noch heute. Mit dem Radfahren gebe es jedoch kein Problem. Irgendwann vor Weihnachten will er in Wien sein, und dann geht''s weiter zum Mont Blanc. Er will es wissen, wie weit er kommt mit seinem verletzten linken Bein.

Wie lange er das noch machen will? Bis 50 vielleicht. Dann geht''s wohl mit dem Motorrad weiter, scherzt er. Und man nimmt es ihm ab. Denn die Vorstellung fällt schwer, dass sich dieser Mann irgendwann einmal zur Ruhe setzen wird.