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Von West nach Ost

Von UTA KUNICK 01.10.2010, 17:14

DROYSSIG/MZ. - "In bin ein Blitztransfer", erklärt Rainer Ecker auf die Frage, wie er vor 19 Jahren aus dem Westen nach Droyßig kam. Dabei spielt der Lehrer aus dem Saarland auf seinen Umzug an, der in Windeseile über die Bühne ging. "Am Donnerstag hatte ich ein Vorstellungsgespräch am Christophorusgymnasium", erinnert sich der 56-Jährige. Die Schule in Trägerschaft des Christlichen Jugenddorfwerks befand sich gerade im Aufbau und es wurden Lehrer gesucht. Am Ende des Vorstellungsgesprächs verabschiedete sich Schulleiter Burkard Schmitt mit den Worten: "Wir sehen uns am Montag 7.30 Uhr."

Ecker sagte zu, düste die 500 Kilometer in seine Heimat zurück und regelte an einem Tag alles, was es bei einem Umzug und beim Wechsel der Arbeitsstelle noch alles zu regeln gibt. Wer sich über die deutsche Einheit gefreut und als erster mit laut Hurra gerufen hat, als es soweit war, der muss auch etwas dafür tun, begründet er seine Entscheidung. Es herrschte eine richtige Aufbaustimmung. Der Anfang gestaltete sich für Ecker eher bescheiden. Der damals 37-Jährige bezog im Schulgebäude, das bis 1989 noch Zentralinstitut der Pionierorganisation "Ernst Thälmann" war, ein kleines Zimmer und teilte sich mit anderen Berufskollegen eine Gemeinschaftsdusche. Fünf Lehrer aus dem Westen nahmen am 1. September 1991 ihre Arbeit in Droyßig auf. Insgesamt unterrichteten hier 14 Pädagogen.

Zwei Jahre später verschlug es Eckers heutige Frau Monika von Koblenz nach Droyßig. Zu jener Zeit sei es schwierig gewesen, in den alten Bundesländern eine Stelle als Lehrer zu bekommen, erzählt die 48-Jährige, die in Bonn Lehramt für Deutsch und Geschichte studierte und in ihrer Heimat beim CJD im karitativen Bereich tätig war. Daher zog sie sofort Erkundungen ein, als sie hörte, dass das CJD in Droyßig eine Schule betreibt. "Die Arbeit hat mich gereizt und ich fand es interessant, in einem Kollegium, bestehend aus einem guten Ost-West-Gemisch, zu arbeiten," erzählt Monika Ecker. Allerdings habe sie auch eine gewisse Unsicherheit beschlichen, beschreibt sie ihre Gefühle. Es war ein Eintauchen in eine fremde Welt. Für eine ungewisse Zeit.

Heute können sich die Eckers nicht vorstellen, an einer anderen Schule zu arbeiten. "Es gibt keine festen Strukturen, jeder kann Ideen einbringen und sich verwirklichen", schwärmt Rainer Ecker, der an dem Gymnasium in freier Trägerschaft für Fremdsprachen verantwortlich zeichnet. Den Schüleraustausch mit Amerika hat er auf den Weg gebracht. Jetzt laufen Absprachen mit Argentinien. Seit sechs Jahren sind Rainer und Monika Ecker ein Paar, seit zweieinhalb Jahren verheiratet. Durch Tochter Dorothea sind sie hier auch verwurzelt. Die Kategorie "Ossi" und "Wessi" gibt es bei Eckers nicht. Sie haben ihr Glück in Droyßig gefunden. Beruflich und privat.