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Tag des offenen Denkmals Tag des offenen Denkmals: «Tafelsilber» in Notzustand

Von Sandra Littmann 08.09.2002, 15:14

Weißenfels/MZ. - "Ein neues Haus muss sich in seiner alten Umgebung benehmen." Das war der Schlusssatz von Stephan Kujas, Mitarbeiter der unteren Denkmalbehörde, der Sonntagnachmittag mit einer Gruppe Bürger vom Herrmannsgarten zum Lutherplatz gezogen war. Der Tag des offenen Denkmals, der in diesem Jahr unter dem Motto "Ein Denkmal steht selten allein - Straßen, Plätze und Ensembles" stand, wollte auf die alltäglichen Räume aufmerksam machen, hinter denen sich Geschichten verbergen. Im gesamten Landkreis, unter anderem in Dehlitz, Kaja, Goseck und Weißenfels, standen fachkundige Menschen bereit, um diese Geschichten zu erzählen.

"Wir stehen hier auf einem Terrain, das einst Acker war und sich erst im Zuge der Industrialisierung entwickelte", erklärte Kujas zwischen den sanierten Häuserzeilen am Herrmannsgarten, wo auf wenig Fläche damals Arbeiter mit ihren oft kinderreichen Familien untergebracht wurden. Edmund Herrmann, der so etwas wie ein Investor war, setzte auf eine gleichförmige Bauweise, aber dennoch spielte die Ästhetik keine unwesentliche Rolle. Anhand von Plänen erläuterte der Denkmalpfleger, wie die Fassadengestaltung festgelegt wurde und welche handwerkliche Spezialisierung die Umsetzung der Pläne erforderte. "Das ist schützenswerte Baukunst", unterstrich er.

Interessiert zeigten sich die Weißenfelser, erzählten eigene Geschichten und lernten ihre Stadt mit neuen Augen kennen. Doch nicht nur Häuser mit Erkern und Verzierungen gab es zu sehen, sondern auch Baulücken. Dass die Naumburger Straße sterben werde, konnte nur registriert werden. Obwohl sich Kujas nur auf einen Stadtteil vorbereitet hatte, gingen die Fragen darüber hinaus. "Was wird aus der Hoffischerei? Was passiert mit dem Fürstenhaus?"

Als "Tafelsilber" hatte Peter Seifried vom Landesamt für Denkmalpflege in der Eröffnungsrede Objekte bezeichnet, die zum Ensemble der Herzogs- und Stadtgeschichte zählen und in einem bedrohlichen Zustand sind. Neuerdings glaube man die Stadt durch Abriss von vom Verfall bedrohten Baudenkmalen gesunden zu können, meinte er und mahnte an, dass man das Tafelsilber nicht wegwerfen, sondern aufarbeiten und putzen müsse.

Er plädierte für einen Erfahrungsaustausch mit anderen Kommunen sowie dafür, darüber nachzudenken, einige kleinere Baudenkmale für einen geringen Preis an Interessenten zu verkaufen. Dass hiesige Baudenkmale in Not sind, das wissen zumindest die zahlreichen Bürger, die die offenen Türen am Fürstenhaus nutzten. "Es ist so schön, aber in einem erschreckenden Zustand", so Besucherin Annett Bach.