Tadellos gepflegt Tadellos gepflegt: Erinnerungen an eine bedeutende Zeitzer Familien-Gärtnerei

Zeitz - Eine Vielzahl episodenhafter Erinnerungen verbinden sich für Rose-Marie Stoye vor allem mit der elterlichen Gärtnerei Gröbe, wo sie mit ihrer fünf Jahre älteren Schwester, die später in die USA auswanderte, Kindheit und Jugend verbrachte. Sei es die immerfort fleißig wie eine Biene arbeitende Großmutter Agnes oder die jährlich zu Himmelfahrt stattfindende „Brühl-Kirmes“, an der auch die Bewohner der früheren Born- und späteren Denhardtstraße hinter dem Kaltefeld mit teilnahmen.
Tadellos gepflegte Gärtnereibetrieb in der einstigen Richard-Leißling-Straße 18
Die Abschlussfeier dieses Festes fand traditionell unter reger Teilnahme der „Brühlanten“ traditionell in der „Steinschänke“ am Fuße des Steinsgrabens statt. Für die Kinder des Brühls wurde anlässlich der „Brühl-Kirmes“ sogar einmal eine Kutschfahrt von Vater Kutzschbauch durchgeführt, dessen Wagen mit Flieder aus der Gärtnerei Gröbe geschmückt worden war. Im Jahr darauf wollten dann noch viel mehr Kinder mitfahren, so dass Kutzschbauch, dessen Fuhrgeschäft mit Kohlehandlung auf dem Grundstück Kaltefeld 12a untergebracht war, schnell an die Grenzen des Möglichen stieß.
Nichts erinnert heute mehr an den einstmals tadellos gepflegten und großflächigen Gärtnereibetrieb in der einstigen Richard-Leißling-Straße 18 gegenüber der Villa „Weltfrieden“ mit seinen zahlreichen Frühbeeten und Gewächshäusern. Ein Familienbetrieb aber war die Gärtnerei Gröbe in der historischen Borngasse „hinterm Kalten Felde“ von Anfang an. 1893 übernahm die Familie von Karl Wilhelm Gröbe (1837-1896) aus Crossen an der Elster die Gärtnerei von Reinhold Kirsche, einem Zeitzer Kunst- und Handelsgärtner, der auf dem Areal bereits über Jahrzehnte eine Gärtnerei mit mehreren Gewächshäusern betrieb. Gleich nach der Übernahme ließ Karl Gröbe, dessen Vater Wilhelm bereits als Gärtner in Eisenberg tätig war, noch ein weiteres Gewächshaus errichten.
Gärtnerei Gröbe vollständig mit Kunstgärtner aus Naumburg
Doch das Schicksal ließ ihm nicht mehr viel Zeit. Karl Gröbe starb bereits am 31. Juli 1896 im Zeitzer Krankenhaus an einer Gehirnhautentzündung. Sein Sohn Gustav, der seit 25. April 1893 mit Agnes Müller, die ebenfalls aus dem thüringischen Crossen stammte, verheiratet war, führte nunmehr den väterlichen Gärtnereibetrieb weiter, der sich zunächst auf den Anbau von Azaleen spezialisiert hatte. Das Bild der nimmermüden Großmutter Agnes Gröbe, die von früh bis spät nur ihre Arbeit kannte, gehört mit zu den Erinnerungen von Rose-Marie Stoye, zumal Großvater Gustav bereits im Sommer 1923 im Alter von nur 56 Jahren verstorben war.
Als schließlich der „Bauverein Zeitz“ am Vorabend des Ersten Weltkrieges mit der Planung und Errichtung eines ganzen neuen Stadtviertels zur Hebung der überaus großen Wohnungsnot begann und zu diesem Zweck ein großes Grundstück zwischen Weinbergstraße, Ludwig-Lange-Straße und Forststraße erworben hatte, sollte das für die Gärtnerei Gröbe nicht ohne Folgen bleiben. So wurden die neuen Bewohner, die, wie es hieß, „im Bauverein“ lebten, rasch treue Kunden von Gröbes.
Allerdings wäre die Geschichte der Gärtnerei unvollständig ohne den aus Naumburg (Saale) stammenden Kunstgärtner Wilhelm Kleber, der 1907 Karl Gröbes Tochter Bertha Selma, eine gelernte Blumenbinderin, geheiratet hatte. Beide arbeiteten ihr ganzes Leben mit in der Kunst- und Handelsgärtnerei Gröbe und starben auch im Wohnhaus in der Denhardtstraße 18.
Leerstehende Anwesen wurde durch Vandalismus völlig verwüstet
Gustav Gröbes 1898 geborener Sohn Kurt, der 1925 mit Selma Reimann aus Aylsdorf die Ehe eingegangen war, führte die Gärtnerei, die auch Lehrlinge ausbildete, bis ins hohe Alter fort. Zu seinem Bedauern gab es keinen männlichen Nachkommen, der das Geschäft hätte weiterführen können, so dass mit ihm die Geschichte dieses bedeutenden Zeitzer Gartenbaubetriebes endete. Nachdem Kurt Gröbe am 3. November 1985 in Zeitz 87-jährig verstorben war und auch der letzte Pächter namens Jacobi die Gärtnerei längst verlassen hatte, wurde das leerstehende Anwesen bald daraufhin durch Vandalismus völlig verwüstet.
Es war ein Bild des Grauens, das sich Kurt Gröbes Tochter Rose-Marie Stoye und ihrem Ehemann Gerhard im August 1989 bot, als sie in Zeitz weilten, um den 97. Geburtstag von Martha Stempel, Sanitätsrat Dr. med. Albin Köttnitz´ älteste Tochter, im Kulturhaus „Weltfrieden“ zu feiern und dabei auch die einstige, nunmehr völlig verwilderte Gärtnerei in Augenschein nahmen. Erst Anfang Mai 1989 war das große Grundstück mitsamt allen Gebäuden weit unter dem eigentlichen Wert an den Rat der Stadt Zeitz, der jahrelang entsprechenden Druck über die Firma Ott als Immobilien- und Nachlassverwalter ausgeübt hatte, verkauft worden.
Im Jahr darauf, also 1990, wurde das Wohnhaus, dessen Erbauungsjahr die Jahreszahl 1833 über dem Türeingang verriet, mitsamt den Anbauten abgerissen. Dort, wo einst die Gärtnerei Gröbe lange Zeit allein auf geräumiger und fruchtbarer Flur in Zeitz stand, wurden in den letzten Jahren durch Neuparzellierung Einfamilienhäuser auf dem sogenannten „Bebauungsgebiet Kaltefeld“ errichtet. (mz)