Stadtrat Osterfeld Stadtrat Osterfeld: Emotionen kochen im Saal fast über
Osterfeld/MZ. - Gut hundert Bürger kamen am Dienstagabend ins Osterfelder Rathaus, weil die Tagesordnung des Stadtrates Informationen über die geplante Feuerbestattungsanlage im Industriegebiet versprach.
Der bekannt gewordene Grundstücksverkauf für die Anlage sorgt seit Wochen in der Kleinstadt für Aufregung (die MZ berichtete). Eine Bürgerinitiative gegen den Bau des Krematoriums hat sich formiert und 803 Unterschriften allein von Osterfeldern zusammengetragen. Zudem sollen sich auch 84 Schleinitzer und 40 Waldauer mit ihrer Unterschrift gegen die Baupläne ausgesprochen haben.
Doch die Bürger hatten kein Interesse an den Fakten um das Projekt, das die Vertreter der Krematoriums-Baufirmen sowie eines unabhängigen Büros für Umweltanalytik vorstellen wollten. Sie zeigten sich vielmehr schockiert, dass die Baugenehmigung längst erteilt ist, und wollten Antworten auf ihre Fragen, warum die Stadträte bei einem so brisanten Thema nicht die Bürger gefragt haben. Zudem wollte man die Gründe für das Votum der Abgeordneten wissen und auch wie die gewählten Vertreter künftig damit umgehen wollen, gegen die Mehrheit der Osterfelder entschieden zu haben.
Bürgermeister Gerd Seidel, Stadtrat Lutz Geweniger aber auch Stadträtin Kornelia Linke versuchten sich in Erklärungen. Sie argumentierten mit einem riesigen Schuldenberg, den die Stadt auch durch Fehler in zurückliegenden Legislaturperioden hat, einem aktuellen Haushaltsdefizit von 120000 Euro und den potenziellen Arbeitsplätzen. Vor allem wirtschaftliche Zwänge hätten zu der lange diskutierten Entscheidung geführt, machten sie deutlich.
Die Emotionen schlugen hoch. Vertrauensbruch und selbstherrliches Verhalten wurde den Abgeordneten vorgeworfen. Ängste vor möglicher Schadstoffbelastung, vor Havariefällen und Leichentourismus wurden ausgesprochen. Auch die Gefahr, dass Investoren durch ein Krematorium abgeschreckt würden, sahen manche Gegner der Anlage. Zwei junge Frauen verteidigten hingegen die Argumente der Räte, ernteten dafür aber Gelächter und Kopfschütteln. "Wir wollen nicht gegen den Stadtrat kämpfen, sondern mit ihm und beantragen deshalb ein Bürgerbegehren", so Reimund Kübeck von der Bürgerinitiative. Die Unterschriftenlisten werden derzeit im Verwaltungsamt geprüft.
"Es lässt sich besser zu Hause über ungelegte Eier diskutieren, als selber welche zu legen", sagte Bürgermeister Seidel und brachte damit seinen Wunsch zum Ausdruck, dass sich bei den Kommunalwahlen im kommenden Jahr viele kritische Bürger zur Wahl stellen. Als er dann aber den Fachleuten das Wort erteilen wollte, verließen die meisten Bürger den Saal.