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Otfried Wagenbreth Otfried Wagenbreth: Berühmter Geologe und Historiker hat seine Wurzeln in Zeitz

Von Petrik Wittwika 06.08.2017, 07:00
Otfried Wagenbreth (links) als zwölfjähriger Schüler mit seinem Bruder Dietmar am 16. August 1939 in der ausgebrannten Schmiede im Brühl 35, die den Vorfahren von Schmiedemeister Kai-Uwe Schmidt gehörte.
Otfried Wagenbreth (links) als zwölfjähriger Schüler mit seinem Bruder Dietmar am 16. August 1939 in der ausgebrannten Schmiede im Brühl 35, die den Vorfahren von Schmiedemeister Kai-Uwe Schmidt gehörte. Archiv/Wittwika

Zeitz - Viel offensichtlicher und prägender noch als heutzutage stellte sich einst der Braunkohlebergbau rund um Zeitz mit seinen kleinen und größeren Tagebauen, unzähligen Förder- und Veredlungsstätten mitsamt den unverkennbaren Schloten dar.

Das war zur Kindheit eines Mannes in den 1930er Jahren, der später wie kein anderer dazu berufen war, diese bedeutende, in den letzten Jahrzehnten oft fragwürdig gewordene und bisweilen zur Altlast degradierte Industriegeschichte umfassend zu erforschen: Otfried Wagenbreth, dessen Lebensweg am 7. April 1927 in der Zeitzer August-Bebel-Straße 43 seinen Anfang nahm, sollte zu einem der bekanntesten deutschen Bergbauhistoriker und Geowissenschaftler werden. Nur wenige Wochen nach Vollendung seines 90. Lebensjahres ist Otfried Wagenbreth am 25. Mai 2017 in Bad Kreuznach verstorben. In Freiberg fand er nach einer am 6. Juni 2017 in der Jacobikirche abgehaltenen Trauerfeier seine letzte Ruhestätte.

Erstes Erkundungsfeld für Otfried Wagenbreth

Als Sohn von Studienrat Willi Wagenbreth (1889-1977), der am Zeitzer Gymnasium die „Alten Sprachen“ Griechisch und Latein unterrichtete, und dessen Frau Frieda, geborene Weigelt (1890-1980), kam der junge Otfried sehr zeitig mit der Geschichte seiner Vaterstadt in Berührung. Seine Kindheit verlebte er gemeinsam mit seinen zwei Brüdern in der Forststraße 6, in einer modernen Wohnung des Bauvereins. Auf Erkundungstouren mit seinem Vater in die umliegende Natur und durchs alte Zeitz wurde er an die Kunstwerke aus früheren Jahrhunderten herangeführt.

Magisch anziehend wirkte für den gerade einmal Zwölfjährigen die während des Abbruchs im Sommer 1939 freigelegte spätmittelalterliche Blockstube der abgebrannten Schmiede im Brühl 35. Überhaupt wurde die Zeitzer Region, die seit dem 16. Jahrhundert Heimat seiner väterlichen Vorfahren war, Otfried Wagenbreths erstes großes Erkundungs- und Forschungsfeld.

Hilfe von Arthur Jubelt

Der Historiker und Verleger Arthur Jubelt, an den sich der Schuljunge in Kunstfragen hilfesuchend wandte, spürte dessen besondere Begabung und schenkte ihm ein altes Türschloss sowie den bekannten Merian-Stich von Zeitz. Sandsteinfelsen im Knittelholz weckten 1940 Otfrieds Interesse, weshalb er seinem Chemielehrer Paul Mähler Gesteinsproben zur näheren Bestimmung vorlegte. Die Faszination für profane und technische Baudenkmale, aber vor allem für die Erdgeschichte und Geologie in jener Region, von der Novalis, Dichter der blauen Blume, schon ergriffen war, gipfelte für den mit einem großen zeichnerischen Talent ausgestatteten Oberschüler frühzeitig in der Erforschung des 1944 aufgeschlossenen Tagebaus Profen.

Noch wenige Monate vor Ende des Zweiten Weltkrieges zur Wehrmacht eingezogen, arbeitete er nach kurzer Kriegsgefangenschaft 1945/46 selbst als Bergmann und zwar als „preußischer Bergbaubeflissener“ über und unter Tage. Die Braunkohle-Tiefbaugrube „Gottlob II“ bei Theißen oder der Tagebau Pirkau waren seine ersten Arbeitsstellen. 1946 nahm er das Studium der Bergbaukunde an der traditionsreichen Bergakademie im sächsischen Freiberg auf und schloss 1950 als Diplom-Ingenieur erfolgreich ab. Über die Geologie des Weißelsterbeckens promovierte er 1957 in Freiberg. Seine Ernennung zum Professor erfolgte 1968 nach erfolgter Habilitation an der Bergakademie.

Frau Charlotte starb 1972

Nach dem frühen Tod seiner Frau Charlotte 1972, die ihm die Söhne Hermann und Bernhard schenkte, wurde seine zweite Ehefrau Brigitte zur segensreichen Stütze bei der Bewältigung seiner umfangreichen Forschungs- und Reisetätigkeit, auch auf internationaler Ebene. Tochter Ulrike wurde 1973 als jüngstes Kind geboren.

Zwischen 1962 und 1979 lehrte Wagenbreth in Weimar an der Hochschule für Architektur und Bauwesen. 1979 folgte er dem Ruf als Lehrbeauftragter an die Technische Universität Dresden. Ein wohl lange gehegter Traum in seiner langen wissenschaftlichen Karriere erfüllte sich 1992: An der sich neu ausgerichteten TU Bergakademie Freiberg wurde ihm die Leitung des gerade ins Leben gerufenen Instituts für Industriearchäologie, Wissenschafts- und Technikgeschichte übertragen. Auch nach seiner Emeritierung 1994 blieb er bis 2008 Lehrbeauftragter „seiner“ Universität.

Immer wieder ging sein Blick nach Zeitz. Bereits zu DDR-Zeiten setzte er sich als Instanz für den Erhalt der Franziskanerklosterkirche als einzige authentische Zeitzer Lutherstätte oder des Herrmannschachtes als hochrangiges technisches Denkmal ein. (mz)

Otfried Wagenbreth
Otfried Wagenbreth
TU Freiberg