Madagaskar Madagaskar: Melzer-Projekt lebt

Zeitz/MZ - Die im Jahre 1981 von dem madagassischen Arzt Dr. Noël Rakotomavo in der Hafenstadt Tulear im Südwesten Madagaskars gegründete Klinik St.Luc hat auf der viertgrößten Insel der Welt einen ähnlich legendären Ruf wie das weltbekannte Hospital in Lambarene (Gabun) von Albert Schweitzer. Die Armen werden nur entsprechend ihrer finanziellen Situation zur Kasse gebeten, die Reichen zahlen dafür mehr. „Die Patienten legen oft über 100 Kilometer zurück, um hier von den fünf Ärzten behandelt zu werden“, sagt der Zeitzer Urologe Frank Melzer , der zum zweiten Male vor Ort war, um die Hilfsaktion seines 2011 verstorbenen Vaters Klaus-Jürgen Melzer fortzusetzen. „Wir wollen nicht der Familie Rakotomavo zu Reichtum verhelfen, sondern dazu beitragen, dass das soziale Engagement der Klinik im Armenhaus Madagaskars noch möglichst lange weitergeführt werden kann.“
Medizinerin ist vor Ort
Garant für die Umsetzung ist die 32-jährige Medizinerin Anna Klöpfer aus Hannover, die seit Oktober 2012 zwei Jahre lang das einheimische 37-köpfige Team verstärkt. „Ein Glücksfall für die Arbeit des in Zeitz ansässigen Vereins Melzer Madagaskar-Projekt“, schwärmen Frank Melzer und Ehefrau Heike. Anna Klöpfer hat sich 8 000 Kilometer von zu Hause entfernt in Madagaskar, das gleichsam Afrika und Asien en miniature ist, gut eingelebt. „Bereits während meines Studiums entwickelte ich eine Leidenschaft für die Tropenmedizin. Nachdem ich 2012 ein Diplom in Tropenmedizin gemacht habe, wuchs mein Wunsch, dieses Wissen in einem afrikanischen Land anzuwenden und zu vertiefen. Der Alltag der 32-jährigen Hannoveranerin mit dem Hang in die Ferne besteht aus einer Mischung aus ambulanter Sprechstunde, Betreuung von stationären Patienten und Ultraschalluntersuchungen.
Spezialisierung im Hintergrund
Die Spezialisierung, die in Europa immer mehr an Bedeutung gewonnen habe, rücke hier wieder total in den Hintergrund. „Ich betreue Babys, Schwangere, Erwachsene und alte Menschen. Dabei sehe ich eine bunte Vielfalt an Krankheitsbildern.“ Die Arbeit sei spannend und enorm abwechslungsreich, dadurch auch sehr herausfordernd.
An tropenmedizinischen Erkrankungen stehen Malaria, Bilharziose, Typhus und Tuberkulose im Vordergrund. Durchfallerkrankungen bei Kindern seien wegen des meist verschmutzten Trinkwassers häufig und oft lebensbedrohlich. Schusswunden gebe es auch immer wieder, da sich im Süden des Inselstaates die Viehdiebe inzwischen Waffen zugelegt haben. Doch auch internistische Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes und deren Folgen wie Schlaganfälle seien alltäglich, weiterhin auch Krebs. Aufgrund der Armut und fehlenden Krankenversicherungen kommen die Patienten erst sehr spät in die Klinik. Als Arzt könne man viel bewirken, was befriedige. Am Schönsten seien Freude und Dankbarkeit der Menschen. Schweren Diagnosen zum Trotz werde man angestrahlt und freudig begrüßt, wenn man sich bei der Visite einen Weg durch die Familienmitglieder bahnt, die auf ihren Bastmatten sitzen. Als Internistin habe sie bisher keine Berührung mit Geburten gehabt, berichtet Anna Klöpfer weiter. Hier habe sie von den einheimischen Hebammen bereits viel lernen können, wenn Kinder zur Welt kommen, lediglich etwa 15 im Monat, da Hausgeburten üblich seien. „Kürzlich habe ich eine Geburt ganz allein gemacht, da die Hebamme zu spät kam. Dies war ein tolles Erlebnis und die 37-jährige Mutter Jocelyne sowie Tochter Nancy sind wohlauf!“
Ärztin genießt hohe Achtung
Zudem bietet Klöpfer regelmäßig Fortbildungen für Ärzte und Schwestern an und beeinflusst somit aktiv das medizinische Wirken der Klinik. Vereinsvorsitzender Melzer sagt anerkennend: „Sie ist voll integriert, genießt eine hohe Achtung.“ Der Zeitzer Verein habe die Suche nach einem Allgemeinchirurgen oberste Priorität eingeräumt und werde die Anwerbung mit einer Aufstockung des Gehaltes für zwei Jahre unterstützen. Im Laufe der kommenden Monate soll auch eine der drei Krankenbaracken umfassend saniert werden, wobei jene für die Allerärmsten Vorrang habe. Ein angrenzender Hygienetrakt soll Duschen und Toiletten für Mitarbeiter und im Umfeld wohnende Angehörige erhalten, die auch von Patienten genutzt werden können. Zudem müssen Betten und Matratzen ausgetauscht werden. Die Eheleute Melzer wollen auch weiter regelmäßig nach Madagaskar fliegen, um Vorhaben abzusprechen, Hilfe zu koordinieren und sich vom Fortgang der Arbeiten zu überzeugen. Klaus-Jürgen Melzer hatte bereits medizinische Ausrüstung und Geldspenden im Wert von über 500 000 Euro aufgebracht, seine Nachfolger in den vergangenen beiden Jahren weitere 20 000 Euro.
In der Volkshochschule Zeitz findet am Mittwoch, 29. Mai, 19 Uhr, ein Diavortrag zum Melzer-Madagaskar-Projekt mit Heike und Frank Melzer statt. Eine zweite Veranstaltung ist am Samstag, 1. Juni, 19 Uhr, in Langgrün geplant.
