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"Wir fühlen uns als Sündenböcke" Lockdown und Gastronomen: Gastwirt aus Tröglitz fühlt sich als Sündenbock

Von Yvette Meinhardt 12.11.2020, 10:30
Dieses Foto stammt aus früheren Zeiten, da machte Philipp Fundheller das Kochen noch Spaß. In Corona-Zeiten bleibt die Küche kalt.
Dieses Foto stammt aus früheren Zeiten, da machte Philipp Fundheller das Kochen noch Spaß. In Corona-Zeiten bleibt die Küche kalt. Rene Weimer

Tröglitz - Es ist still geworden im Hotel Elsterblick am Ortsrand von Tröglitz. „Dabei hatten wir ein volles Bestellbuch, Hochzeiten, Trauer- und Familienfeiern im November, Brunch im Advent und Weihnachtsfeiern im Dezember. Zu den Weihnachtsfeiertagen waren wir schon ausgebucht“, sagt Philipp Fundheller. Gemeinsam mit Katrin Korthals betreibt er Hotel und Gaststätte in grüner Lage am Rande von Tröglitz. Monteure aus dem Chemie- und Industriepark in Alttröglitz und von Südzucker in Zeitz dürfen auch in der Zeit des zweiten Lockdowns noch hier übernachten.

Wegen zweitem Lockdown ist die wirtschaftliche Existenz gefährdet

„Wir haben ein gut funktionierendes Hygiene-Konzept, desinfizieren regelmäßig alles, haben die Anzahl von Tischen und Stühlen reduziert und auf ausreichend Abstand gestellt“, fährt Katrin Korthals fort. In der Küche wurde beispielsweise eine neue Gewerbe-Geschirrmaschine für 4.000 Euro angeschafft. Alles schien nach dem ersten Lockdown wieder gut zu funktionieren. „Die Monteure haben sich über unser Essen gefreut, sie wollten nicht jeden Tag nur Fast Food essen“, sagt Philipp Fundheller. Und wenn es eben sein muss, dann werde das Essen auch auf das Zimmer gebracht.

„Im Sommer hätten wir niemals gedacht, dass ein zweiter Lockdown kommen würde und uns auf ein gutes Weihnachtsgeschäft eingestellt. Damit hätten wir den wirtschaftlichen Einbruch aus dem Frühjahr einigermaßen abfedern können“, fährt Fundheller fort. Doch jetzt ist alles anders. Die wirtschaftliche Existenz ist gefährdet, ihre eigene Existenz und jene von fünf Beschäftigten im Haus. Diese sind jetzt in Kurzarbeit. Und es gibt auch einen Lehrling im Hotel. Jetzt steht die Frage, wie es mit der angefangenen Ausbildung weitergehen soll.

„Wir fühlen uns jetzt wieder als Sündenböcke, und ja die Zahl der Infizierten steigt"

Philipp Fundheller und Katrin Korthals haben den Betrieb der Familie Korthals übernommen und wollten Restaurant und Hotel weiterführen. „Wir haben jetzt zweieinhalb Jahre Vollgas gegeben und haben uns ein gutes Stammpublikum aufgebaut. Von unseren Gästen kamen positive Rückmeldungen“, sagt Fundheller. Er ist gelernter Koch und kann seiner Kreativität in der Küche freien Lauf lassen. Das Paar hat neue Konzepte entwickelt und eigene Ideen umgesetzt, Schritt für Schritt in das Haus investiert und renoviert.

„Beim Lockdown im Frühjahr habe ich mich mit Arbeiten im Außengelände abreagiert“, sagt Fundheller. So gibt es auch in der Grünanlage positive Veränderungen und das Paar glaubte, auf einem guten Weg zu sein. „Wir fühlen uns jetzt wieder als Sündenböcke, und ja die Zahl der Infizierten steigt. Doch die Corona-Hotspots befinden sich vor allem in größeren Städten und Ballungsgebieten, nicht hier auf dem Land“, sagt Fundheller. So kann er die wiederholten Einschränkungen für die gesamte Gastronomie nicht verstehen.

Unverständnis für Corona-Maßnahmen im zweiten Lockdown

„Wir lieben unsere Arbeit, und ich kann wirklich nicht verstehen, wieso es gefährlich sein soll in einem Restaurant mit Hygiene-Konzept in Familie essen zu gehen“, sagt Fundheller. Viel gefährlicher sei es doch in den Supermärkten einkaufen zu gehen, da herrscht oftmals Gedränge, da stehen oft Schlangen an den Kassen und nicht immer ist Abstand in den engen Reihen mit den Einkaufsregalen überhaupt möglich.

„In Schulen sitzen mehr als 25 Kinder in einem Klassenzimmer zusammen und bei uns darf eine Familie aus einem Haushalt nicht zum Essen kommen? Das verstehe ich nicht“, sagt Fundheller. Er hat sich mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband, dem Unternehmerverband für das Gastgewerbe, kurz geschlossen. Und so hoffen die zahlreichen Beschäftigten im Gastgewerbe auf baldige Lockerungen in der Corona-Pandemie. (mz)

Die Tische in der Gaststätte Elsterblick sind eingedeckt, doch es darf kein Gast das Restaurant besuchen.
Die Tische in der Gaststätte Elsterblick sind eingedeckt, doch es darf kein Gast das Restaurant besuchen.
Yvette Meinhardt