1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zeitz
  6. >
  7. Leute von nebenan: Leute von nebenan: «Hohenmölsen-Lied» musste diesmal ausfallen

Leute von nebenan Leute von nebenan: «Hohenmölsen-Lied» musste diesmal ausfallen

Von Klaus-Dieter Kunick 28.07.2003, 16:52

Hohenmölsen/MZ. - "Ich muss mich entschuldigen, aber meine Stimme ist weg" - mit diesen Worten beginnt Irmgard Bock das Interview. "Normalerweise singe ich Sopran, aber heute wäre das ein guter Bass", scherzt die Seniorin.

Wahrscheinlich habe sie ein bisschen Zugluft bekommen, so ihre Vermutung. Aber ganz so dramatisch sehe sie das nicht, das werde sich schon wieder einrenken. Am meisten ärgert sie, dass sie das "Hohenmölsen-Lied" ihren Senioren während der Reise nach Südtirol nicht vorsingen konnte.

Singen, bekennt die Hohenmölsenerin, das sei nun mal ihre Leidenschaft. Doch im Stadtchor Lyra mischt Frau Bock erst seit drei Jahren mit. "Ich wohnte vorher in Jaucha, bin dann in diese Wohnung in die Wilhelm-Pieck-Straße umgezogen", erzählt sie. Und von Jaucha aus bis zum Lindenhof zu laufen, das sei ihr zu weit gewesen.

Aber nun habe sie es bis zum "Lindenhof" nicht mehr ganz so weit und deshalb habe sie sich entschlossen, im Chor mitzusingen. "Ich habe dort einfach nachgefragt, 'kann ich noch mitsingen?', und nachdem das bejaht wurde, ist es dann auch dabei geblieben", fügt die Sängerin hinzu. "Ich habe doch schon als Kind gern gesungen", erinnert sie sich.

"Möglicherweise liegt das daran, dass ich in einer musikalischen Familie groß geworden bin", meint Frau Bock. So hätten einige Onkel und Tanten beispielsweise Pantoneum gespielt, aber auch Geige, Schlagzeug und Akkordeon. Da blieb es eben nicht aus, dass sie mit der Musik eng verwachsen sei: Irmgard Bock erlernte das Klavierspiel. "Meine Eltern legten Wert darauf", erklärt sie. Aktiv gesungen habe sie allerdings erst mit 75 Jahren. In all den Jahren zuvor nicht.

Ihr musikalisches Talent, fügt sie hinzu, habe sie aber schon öfters unter Beweis stellen können. So unter anderem beim Ökulei - dem Ökonomisch-kulturellen Leistungsvergleich. Der fand Mitte der 70er Jahre in ihrem Betrieb, dem Paraffinwerk Webau, statt. "Da ich Schneiderin gelernt hatte, arbeitete ich in Webau in der Schneiderstube", merkt Frau Bock an. Bei eben diesem Ökulei sollte jede Brigade einen kleinen Beitrag leisten. Und da Frau Bock gut singen konnte, sang sie eben. Bis zu ihrem 60. Lebensjahr arbeitete die Hohenmölsenerin im Paraffinwerk, dann hätte sie in Rente gehen können. Aber sie hängte noch ein Jahr dran, wie sie sagte. 25 Arbeitsjahre hatte sie dann in der Schneiderstube, in der sie auch Lehrlinge ausbildete, auf dem berühmten Buckel.

Ihre Leidenschaft zum Singen blieb. "Wenn ich heute fern sehe und es wird gesungen, dann singe ich einfach mit", erzählt die Seniorin, die übrigens auf ein Kuriosum verweisen kann: Frau Bock kann rückwärts singen und gar Texte rückwärts lesen. Und das zum Gaudi, wenn sie mit anderen zusammen ist. Außenstehende werden das Lied sicher nur an der Melodie erkennen. Ansonsten dürfte es schwer sein, das rückwärts vorgetragene Lied zu erkennen.