Klingendes Puzzle Klingendes Puzzle: Zeitzer Klavierbau lebt in Meuselwitz weiter

Zeitz/Meuselwitz - Die Tradition des Zeitzer Klavierbaus lebt weiter, allerdings nicht in der Elsterstadt. Unter der Flagge Louis Renner firmiert das traditionsreiche Unternehmen weiter und hat sich in den letzten Jahren zum Weltmarktführer entwickelt. „Wir machen all das, was sich bewegt, wenn man am Klavier eine Taste betätigt“, sagt Clemens von Arnim, geschäftsführender Gesellschafter. Zwischen 4.500 und 5.000 Flügelmechaniken und noch einmal so viele Mechaniken für Piano verlassen pro Jahr das Werk in Meuselwitz. Das macht rund fünf Millionen Einzelteile pro Jahr.
Sie bringen namhafte Instrumente wie zum Beispiel von Schimmel, Steinway und Blüthner zum Klingen. Für 95 Prozent aller auf dem Weltmarkt befindlichen Instrumente kommt das Innenleben aus der Produktion von Louis Renner. Damit steht das Unternehmen für deutsche Präzisionsarbeit.
Zeitzer Klavierbau: Standort in Meuselwitz hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt
Der Standort in Meuselwitz hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. „Wir haben die Hammerkopfabteilung aus dem Stammhaus in Gärtringen bei Stuttgart nach Meuselwitz verlegt. Damit hat sich die Zahl der Beschäftigten hier in Meuselwitz verdreifacht und liegt heute bei 96 Mitarbeitern“, sagt Clemens von Arnim.
Anke Röhle aus Nonnewitz fand zum Beispiel in dieser neuen Hammerkopfabteilung einen Job und arbeitet jetzt seit fünf Jahren im Unternehmen. Monika Nitschke hat im Jahr 1974 sogar noch in der Zeitzer Piano-Union gelernt. Seit 1992 arbeitet sie für Louis Renner und zog mit nach Meuselwitz um. „Früher bestanden die Hammerköpfe und ein Großteil der Mechaniken aus Kunststoff. Heute ist alles aus Holz“, sagt Monika Nitschke.
Sie arbeitet am Löffelautomat und garniert die winzig kleinen Hammerrollen mit Filz. Denn die Herstellung einer Klaviermechanik kommt einem komplizierten Puzzle gleich. Speziell angefertigte Teile aus Holz, Metall und Filz werden mit Federn und Leisten zusammen gesetzt. Dabei werden heute computergesteuerte Maschinen eingesetzt. So hielt in den vergangenen Jahren die digitale Transformation im traditionellen Klavierbau Einzug. Doch diese kann aufwändige Handarbeit und vor allem ständige Kontrollen von Hand nicht ersetzen.
Klavierbau: Wir kämpfen jeden Tag mit dem Werkstoff Holz
„Wir kämpfen jeden Tag mit dem Werkstoff Holz, denn unsere Arbeit verlangt absolute Präzession“, sagt der Geschäftsführer. Die Feinmechaniken aus Holz dürfen nur minimale Toleranzen aufweisen, und das bei jedem Teil das in Verbindung zu den 88 Tasten steht. Kein Modell gleicht dem anderen. „Ein Klavier ist heute für die Ewigkeit gebaut und überlebt die Kunden“, erzählt Clemens von Arnim.
Zuhause in Stuttgart hat er einen Blüthner-Flügel aus Leipzig, Baujahr 1906, stehen. Und auch beim weiteren Blick in die Familiengeschichte werden immer wieder Verbindungen von Stuttgart in die hiesige Region deutlich. So führte Wolf-Fritz Oettler, ein Sohn der Brauerei Oettler in Zeitz, 20 Jahre das Unternehmen in Stuttgart.
Zentrum der deutschen Klavierindustrie in Mitteldeutschland
Anfang der 1990er Jahre siedelte sich Louis Renner in Mitteldeutschland an, denn hier befand sich das Zentrum der deutschen Klavierindustrie. So wurde das traditionsreiche Zeitzer Werk Piano-Union gekauft und im Jahr 2010 zog man nach Meuselwitz um. „Wir haben lange in Zeitz gesucht und nichts passendes gefunden. Das alte Domizil war zu klein, auf mehrere Etagen verteilt und für unsere Erweiterungen nicht geeignet“, erzählt Clemens von Arnim.
In Meuselwitz am Ortsausgang in Richtung Altenburg gibt es jetzt zwei moderne Produktionshallen. „Wir wollen uns weiter erweitern, suchen Elektriker und Mechatroniker, nehmen gern auch Schüler für ein Praktikum. Den Beruf des Klavierbauers gibt es ja leider nicht mehr“, so von Arnim. Insgesamt zählt der Familienbetrieb 160 Mitarbeiter.
Zeitzer Klavierbau: Unternehmen besteht seit 135 Jahren
Louis Renner gründet im 1882 in Stuttgart sein Unternehmen zur Produktion von Klaviermechaniken. Anfangs entstehen die Mechaniken noch ganz in Handarbeit. Als die Firma Renner 1902 ein neues Fabrikgebäude in Stuttgart bezieht, ist die Belegschaft schon auf 35 Mitarbeiter angewachsen, 1911 sind es dann schon 100 Fachkräfte. Allmählich halten zunehmend mehr Maschinen Einzug in den Fertigungsprozess, so dass die Produkte Schritt für Schritt immer präziser und effizienter gefertigt werden können. Renner ist heute der weltweit renommierteste Hersteller von Klaviermechaniken und Hammerköpfen.
Wann immer ein Flügel in einem großen Konzertsaal oder ein Piano bei anspruchsvollen Musikliebhaber steht, ist Renner meistens mit im Spiel. Im Laufe eines Jahrhunderts haben nahezu 3 Millionen Renner-Mechaniken rund um den Globus die Musik mitbestimmt. Renner ist der einzige europäische Hersteller, der dem harten, mittlerweile weltweiten Wettbewerb in der Klavierindustrie über mehr als 130 Jahre gewachsen war und diesen maßgeblich geprägt hat. Das Stammhaus befindet sich in Gärtringen bei Stuttgart und in Meuselwitz befindet sich das Montagewerk, seit 2014 auch die Hammerkopffertigung. (mz)
