Kleinigkeiten sorgen für manche Gefahrenquelle
ZEITZ/MZ. - Als Sehbehinderte möchte sie die Umwelt auf ihre Probleme aufmerksam machen. Andererseits wollte sie auch zeigen, was sich alles bereits verbessert hat.
Von der Selbsthilfekontaktstelle Burgenlandkreis des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes am Kalktor geht es in Richtung Weberstraße. Und gleich auf den ersten Stolperstein zu: Die Parkuhren am Steinsgraben stehen etwa 50 Zentimeter von der Bordsteinkante entfernt. "Gut für die Autofahrer, die ihre Türen nicht anschlagen", stellt Dorothea Götschenberg, die Zeitzer Gleichstellungsbeauftragte, fest, "aber genau so gut könnten die Uhren an der Rasenkante auf der anderen Seite des Fußweges stehen." Oft sind es unüberlegte Kleinigkeiten und keine böse Absicht, die für Sehbehinderte zur Gefahrenquelle werden können, meint Sieglinde Sporbert. Um genau das besser zu erkennen hat Monika Küßner von der Selbsthilfekontaktstelle eine spezielle Brille mitgenommen, die eine Sehbehinderung simuliert: Überraschend, ja erschreckend, wie Werbeaufsteller oder der Papierkorb an der Bushaltestelle Weberstraße mit der Umgebung verschwimmen.
Die 69-jährige Sieglinde Sporbert fühlt sich trotz ihrer fortschreitenden Erblindung sicher, wenn sie unterwegs ist - am Arm ihres Mannes Dieter Sporbert. Der 72-Jährige ist sicherer Halt und Auge für seine Frau. Die weiß aber auch genau, woran sie ohne Hilfe scheitern würde: Wenn sie allein die Weberstraße an der Einmündung Schützenstraße überqueren müsste zum Beispiel. Aber Sporberts setzen darauf, dass sich auch hier noch etwas verbessert, schließlich brauche alles seine Zeit. Und Verbesserungen gibt es schon: Die Wasserrinnen in der Fußgängerzone, die für Sehbehinderte und mehr noch für Blinde eine wichtige Orientierung sind, sind frei. "Die neue Gestaltungssatzung der Stadt, die dafür gesorgt hat", so Dorothea Götschenberg, "dass die Auslagen zurückgenommen wurden, kam ja auch auf Drängen des Behindertenverbandes zustande."
In der Wendischen Straße ein weiterer Test: Monika Küßner holt die Brille raus, und Michaela Böhme vom Uhren- und Schmuckgeschäft Jenke testet. Der Aufsteller ist schon auf zehn, 15 Meter Entfernung nicht mehr deutlich zu sehen. Obwohl er noch gar kein wirkliches Problem darstellt, wird er noch ein Stück zur Hauswand gerückt. "Es ist gut, dass sie so was machen, man weiß es als normal Sehender einfach nicht", so das Resümee im Geschäft. Gute Erfahrungen macht Sieglinde Sporbert allerdings in allen Geschäften, wenn sie etwas fragt, auf ein Problem anspricht oder um etwas bittet. Ähnlich ist es auch auf der Straße. "Ich laufe oft einfach auf Leute zu, weil ich sie nicht erkenne", beschreibt sie. So auch jetzt: Die jungen Leute stutzen, rücken zur Seite und schließlich das Begreifen: "Ich glaube, die Frau hat so ein Blindenabzeichen an der Jacke", kommentiert Martin Wieder und fügt hinzu: "das sieht man aber nicht immer gleich."
Während die Poller keine Gefahr darstellen, sieht es mit manchem Lampenmast und den Masten der Wegweiser schon anders aus, wie sich am Ende vom Roßmarkt an der Fischstraße zeigt. Die Lösung wäre einfach. "Es müsste nur ein kräftiger farbiger Streifen sein", so Sieglinde Sporbert, "das kann doch nicht so teuer sein." Die Gleichstellungsbeauftragte gewinnt dem noch eine ganz andere Seite ab: "Es muss doch nicht alles grau in grau sein!"