Industrietaucher Industrietaucher: Heißer Job im Eiswasser

Elsteraue - Eisige Kälte herrscht in der Elsteraue, die Wiesen sind überfroren, das Thermometer zeigt minus 5 Grad Celsius. Da steigt Marcus Diedrich in die Weiße Elster. Der 43-jährige Mann aus Thüringen ist Berufstaucher. Nach Ostrau hat man ihn gerufen, um die Einschalung für das Fundament der neu gebauten Brücke zu demontieren. Diedrich zieht einen besonderen Schutzanzug unter die normale Taucherkluft. Alles zusammen wiegt gut und gerne 70 Kilogramm, hält den Mann warm und trocken.
„Die Ausrüstung wurde in der Raumfahrttechnik entwickelt und kommt nun auch in der Tauchbranche zum Einsatz“, erzählt der Mann aus Neustadt/Orla. Wenn der Chef in das Wasser steigt, ist er permanent mit zwei weiteren Tauchern an Land verbunden. Sie kontrollieren die Sauerstoffversorgung über eine Art Nabelschnur, halten ständigen Funkkontakt und reichen Werkzeuge für die Arbeit. Dazu gehört zum Beispiel ein spezielles Kesselschweißgerät. Es wird unter Wasser mit 42 Volt und 320 Amper gespeist. Die Flamme unter Wasser wirft eine Hitze von 6 800 Grad Celsius. Damit trennt er im Fluss die Spundwände aus Eisen, die während der Bauarbeiten der Brücke gebraucht wurden.
Der Meister aus Schottland
Dies muss auf sorgsame Weise von Hand geschehen, damit die neue Brücke keinen Schaden nimmt. „Taucher zu sein allein reicht für diesen Job nicht aus, so bin ich auch gelernter Stahlbauschlosser, Elektroniker, Betonbauer. Und zur Absicherung des Tauchens besitze ich einige medizinische Kenntnisse“, sagt Diedrich. Sein beruflicher Weg begann als Zeitsoldat, dort absolvierte er eine erste Taucherausbildung und machte später seinen Meister in Schottland. Denn in Deutschland gibt es derzeit nur etwa 200 Berufstaucher.
„Ich wollte schon seit meiner Kindheit Taucher werden. Im Jahr 1995 machte ich mich als Industrietaucher selbstständig“, erzählt er weiter. Dass er dabei in Thüringen und weit weg von Ozeanen wohnt, darüber lacht er. „Wir haben das Thüringer Meer, denn die Bleilochtalsperre ist vom Fassungsvermögen her der größte Stausee in Deutschland“, sagt er.
Einsätze in der ganzen Welt
Heute beschäftigt Diedrich sieben Leute. Die Firma arbeitet europaweit, ja sogar weltweit. Speziell ausgebildete Taucher führen Reinigungen, Reparaturen und Umbauten an Kühl- und Überdrucksystemen in Kraftwerken, Kernkraftwerken und Biogasanlagen durch. Sie arbeiten beispielsweise auf Bohrinseln und Schiffen, in deutschen Talsperren und in internationalen Gewässern mit Taucherglocken in großer Tiefe. Dabei muss sich jeder auf den anderen verlassen können. Während er in Ostrau allein in die Elster stieg, gibt es beim Tiefseetauchen ein Team von vier Leuten.
Auch im Urlaub und privat geht Diedrich gerne tauchen. „In den Ferien mag ich Tiefseetauchen, da habe ich schon in sehr großer Tiefe einen Tigerhai gesehen. Da heißt es, sich ganz langsam zu bewegen und bloß keine ruckartigen Bewegungen zu machen“, erklärt der Fachmann. Angst habe er nicht gehabt, denn die Tiefen des Ozeans seien viel zu faszinierend. Er ist schon bis zu 328 Meter tief getaucht - natürlich in einer Druckkammer. Und bei allem Spaß am Tauchen, muss man stets konzentriert herangehen, denn die Gefahr taucht immer mit. (mz)