1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zeitz
  6. >
  7. Im Weinberg findet die Seele Ruhe

Im Weinberg findet die Seele Ruhe

Von Heike Riedel 20.10.2004, 18:17

Granschütz/Naumburg/MZ. - Es ist ihm trotz der Wende nicht gelungen, der Landwirtschaft zu entrinnen. Versucht hat er es damals als Autohändler. Ein Jahr lang lief das Experiment, dann gab er es auf. Als in der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft in Granschütz der Neuanfang gewagt wurde, kehrte er in eine Tätigkeit zurück, die er gelernt hatte und wurde Geschäftsführer der neu gegründeten GmbH. Als Agraringenieur war er in seinem DDR-Arbeitsleben bis zum stellvertretenden Betriebsleiter der Rindermastanlage aufgestiegen. Heiraten, Haus bauen, Kinder anschaffen - nach unruhigen Jugendjahren war er in Granschütz heimisch geworden.

Als er dann die Geschicke der Agro GmbH zu lenken begann, kehrte die Freude an der Arbeit in der Landwirtschaft zurück. Seine innere Unruhe, das Ständig-auf-der-Suche-sein waren hier nicht fehl am Platz, sondern Schlüssel zum Erfolg. Auch mutige Entscheidungen waren da zu treffen. Die Rinderproduktion wurde eingestellt, ein Tochterunternehmen in Rumänien gegründet. Das Millenniumjahr 2000 hatte sich Ronald Ranscht doch zum nochmaligen Wendepunkt gemacht. Seitdem ordnete er im Betrieb und im persönlichen Leben vieles neu.

Das Glück stand ihm Pate, als er auf der Suche nach einem idealen Wohnort, wo mal die Seele baumeln kann, das Haus auf den Bergen oberhalb der Henne von Naumburg fand. Schön, ruhig und abgeschieden, wie er es sich wünschte, lag es. Und ein Weinberg hing dran, 3500 Rebstöcke. Auf die hatte er es eigentlich nicht abgesehen, doch heute sind sie ihm neuer Lebenswert. "Es ist ein tolles Gefühl, den Wein zu trinken, der vor kurzem hier erst gewachsen ist", schwärmt der neue "Kellermeister". Im Naumburger André

Gusseck hat er einen erfahrenen Freund und Partner gefunden, der ihn in die Winzerkünste einführte.

Die Weine vom Naumburger Sonneck sind deswegen in Hotels und Gaststätten begehrt. Mit ihnen erfreut Ranscht aber auch Freunde, Verwandte und Bekannte zu Weinfesten auf seinem Berg. Der Wein ist Inhalt seiner Freizeit geworden, auch wenn er von Januar bis Oktober viel Arbeit fordert: vom Verschneiden über das Biegen und Binden, die Pflege der Flächen, Pflanzenschutzmaßnahmen, Laubarbeiten bis hin zur Ernte. "Lese, Verkosten und Designen sind die Höhepunkte", gibt der Hobbywinzer unumwunden zu und freut sich schon darauf, am Wochenende noch einmal seine Helfer im Weinberg begrüßen zu können.

Dann liegen die ruhigeren Monate vor dem Landwirt. Er wird sie genießen in seinem Anwesen hoch über der Saale, in dem er seit drei Jahren zu Hause ist. "Mein Leben bleibt nun in diesem Berg", hier habe er gesucht und gefunden, was ihm zu seinem Lebensglück fehlte, er aber vorher nicht hätte beschreiben können, sagt Ronald Ranscht.