Hochwasserschutz Hochwasserschutz: Weiße Elster soll nicht ins Korsett gezwängt werden
Ostrau/MZ. - "Wer in den Dörfern der Elsteraue wohnt, muss mit dem Wasser leben, so gut es geht", sagt Karl-Heinz Richter aus Ostrau. Damit reagiert er auf einen Beitrag, der vor wenigen Tagen in der Zeitzer Zeitung stand. Darin sagte der Predler Oskar Klemm, er fürchte, es könne im Frühjahr zu einem richtigen Hochwasser kommen, weil die Elster schon zwischen Weihnachten und dem Jahreswechsel aus ihrem Bett stieg und Felder und Deiche durchweichte. Eine Lösung wäre in Klemms Augen, die Ufer der Elster bei Ostrau besser zu befestigt und stellenweise zu erhöhen, damit der Fluss länger als bislang in seinem Bett bleibt. Zudem, sagt er, müsste der Deich vor Predel repariert werden.
Höhere Ufer, höherer Druck
Karl-Heinz Richter hingegen meint, dass dies nicht die Lösung sei. Er befürchtet, durch eine Erhöhung des Uferbereichs und dem daraus resultierenden höheren Wasserstand der Weißen Elster würde mehr Druck auf das Grundwasser herrschen. Dies wiederum würde bedeuten, dass noch mehr Wasser an die Oberfläche tritt und etwa in Ostrau die unmittelbare Gefahr für Grundstücke erhöht. Zum einen durch Wasser an oder in den Häusern, zum anderen durch überflutete Kläranlagen. Eine weitere Sorge ist, das sich ebenso der Druck auf die Deiche erhöht, sie stärker durchnässen und schneller drohen zu brechen.
"Ich finde, man sollte die Position aufgeben zu sagen, in Ostrau muss das Ufer so befestigt und erhöht werden, dass kein Wasser austritt", fasst Richter zusammen. Denn in seinen Augen lebt eine Auenlandschaft von Hoch- und Niederwasser. Und man könne nicht an einer Stelle etwas unternehmen, damit eine Seite der Weißen Elster entlastet ist, gleichzeitig aber in Kauf nehmen, dass auf der anderen Seite der Elster Häuser und Grundstücke dann stärker gefährdet sind. "Ich denke, im Prinzip sollte alles so bleiben wie es ist, die Deiche sollten regelmäßig gewartet und gepflegt werden", betont Richter.
Der für die Deiche zuständige Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt (LHW) erklärt auf MZ-Nachfrage, dass die Deiche in der Elsteraue grundsätzlich standsicher sind und deren baulicher Zustand regelmäßig kontrolliert wird. Natürlich nehme das LHW die Sorgen der Anwohner sehr ernst und ist dankbar für Anregungen. Diese werden zum Beispiel bei den regelmäßig stattfindenden und als sehr wichtig angesehenen Deichschauen an die Mitarbeiter vom LHW herangetragen.
Burkhard Henning, LHW-Direktor, sagt, dass die Analyse der vorangegangenen Hochwasser in Sachsen-Anhalt immer wieder deutlich gemacht habe, dass eine wesentliche Folge der Zivilisation das Einengen von Flussläufen ist. "Allein für das Einzugsgebiet der Elbe ist festzustellen, dass dem Fluss einschließlich seiner Nebenflüsse 80 Prozent des Retentionsraumes durch den Menschen entzogen wurde", so Henning.
Fluss nicht ins Korsett zwängen
Von daher gelte der Grundsatz, dass den Flüssen zur Minderung der Hochwassergefahren die Ausbreitungsräume weiter zur Verfügung stehen müssen. Damit sei hinzunehmen und auch gewollt, dass die Gewässer ausufern und die Überschwemmungsflächen in Anspruch nehmen, so auch die Weiße Elster. "Es wäre falsch, das verhindern zu wollen, den Fluss durch Überhöhungen gewissermaßen ein Korsett zu verpassen, damit das Wasser möglichst im gewöhnlichen Flussbett verbleibt", erklärt Henning. Das hätte zur Folge, dass die Wasserspiegellagen entlang des Flusses ansteigen und die Hochwasserwelle höher und damit gefährlicher würde. Insbesondere für die "Unterlieger". Und genau das könne nicht Ziel sein: Dass man Wasser so schnell wie möglich wegleite, zulasten anderer. Im konkreten Fall träfe das dann die Sachsen.