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Feuer am Brocken

Heilig-Geist-Kirche in Tröglitz Heilig-Geist-Kirche in Tröglitz: Eine besondere Kirche und ihre DDR-Geschichte

Von Magdalena Kammler 30.12.2015, 08:38
Karl Mück zündet in der Tröglitzer Kirche Kerzen an.
Karl Mück zündet in der Tröglitzer Kirche Kerzen an. Helga Freund Lizenz

Tröglitz - Hunderte Menschen haben sich vor der Heilig-Geist-Kirche in Tröglitz versammelt: Es ist der 8. März 1953, und viele Menschen sind zur Einweihungsfeier des katholischen Gotteshauses gekommen. Es ist die jüngste Kirche in der Region Zeitz.

Eigentlich war die Kirche schon ein halbes Jahr zuvor fertiggestellt. Die Besonderheit: Die Katholische Kirchengemeinde Tröglitz gehörte damals zum Einzugsgebiet Magdeburg, das wiederum zum Bistum Paderborn in Nordrhein-Westfalen gehörte. Also hatte der zuständige Erzbischof Lorenz Jäger seinen Sitz im Westen der Republik, in Paderborn, und er durfte zunächst nicht in die DDR einreisen. Erst am 8. März 1953 wurde die Einreise genehmigt. Und so feierte die Gemeinde an jenem Tag die neu eingeweihte katholische Kirche in Tröglitz.

Im protestantisch geprägten Sachsen-Anhalt gibt es deutlich weniger katholische Kirchen als evangelische - heute wie damals. Und eine Kirche zu DDR-Zeiten zu bauen, stellte außerdem eine Besonderheit dar. Daher war die Einweihung der Tröglitzer Heilig-Geist-Kirche etwas Außergewöhnliches. Gleichzeitig gab es einen Grund für das zusätzliche Gotteshaus in der Zeitzer Region: Viele Vertriebene aus dem heutigen Polen und Tschechien kamen damals in die Elsteraue. Ihre Konfession war meist katholisch. Und auch die zugezogenen Arbeiter des neu entstandenen Hydrierwerks kamen aus eher katholisch geprägten Regionen wie dem Rheinland oder Bayern.

FDJ-Jugendheim zeitgleich

Karl Mück war damals im Grundschulalter mit seiner Familie kurz nach dem Zweiten Weltkrieg aus Gruhlich im Sudetenland nach Tröglitz gekommen. Als Jugendlicher hat der heutige Rentner auch selbst mit Hand am Kirchenbau angelegt. „Zur gleichen Zeit entstand in Tröglitz ein FDJ-Jugendheim, welches 14 Tage vor der offiziellen Antragstellung bereits genehmigt wurde. Der Kirchenbau wurde auch 14 Tage vorher genehmigt, allerdings vor der Einweihung“, erzählt Karl Mück rückblickend.

Ursprünglich sollte das Gebäude eine Holzkirche werden, letztendlich entschied man sich dann für ein klassisches Gotteshaus aus Stein. Die Einrichtung war schlicht, die heutige Orgel, Holzbänke und ein gefliester Boden kamen erst später hinzu. Entlang des Kirchenschiffes zieren quadratische Holzreliefs als Kreuzweg die Innenwände. Die aus Eiche geschnitzten Motive stammen vom Görlitzer Künstler Georg Schröter und sind aus dem Jahr 1957.

Natürlich dürfen auch Glocken in einer Kirche nicht fehlen. Dafür kamen drei Exemplare aus einer Apoldaer Gießerei nach Tröglitz, die kurz vor dem Weihnachtsfest am vierten Advent 1956 eingeweiht wurden. Sie symbolisieren Liebe, Wahrheit und Gerechtigkeit.

Gerade mit der Gerechtigkeit hatte die Tröglitzer Heilig-Geist-Kirche in ihren Anfängen zu kämpfen. Denn der Zwischenfall mit der erschwerten Einreise aus dem Westen von Erzbischof Jäger war damals nicht der einzige. Durch Stalins Tod wenige Tage vor der Kircheneinweihung entstand ein weiteres Problem: Gehisste Flaggen waren nicht erwünscht. Dass es sich in Tröglitz allerdings um christliche und nicht staatliche Fahnen handelte, interessierte die Volkspolizei an diesem Tag wenig. Letztendlich setzte der damalige Pfarrer Albert Keisewitt durch, dass zumindest bis 12 Uhr die Flaggen hängen durften.

In der darauf folgenden Nacht wurde dennoch Erzbischof Jäger von der Zeitzer Volkspolizei zu den Geschehnissen befragt. „Nachdem der Erzbischof drohte, er wolle solche Behandlungsweise eventuell im Westen bekanntmachen, ließ die Volkspolizei ihn unter den üblichen Entschuldigungsausflüchten frei“, heißt es im Jubiläumsheft der katholischen Pfarrgemeinde zum 50-jährigen Bestehen der Kirche.

Den staatlichen Auflagen zum Trotz hat es die katholische Kirche in Tröglitz bis heute geschafft, die Gemeinde am Leben zu erhalten. Und genau das sei es, was eine Glaubensgemeinschaft zusammenhält: „Kirche allein gibt es nicht, Kirche bedeutet immer Gemeinschaft“, resümiert Karl Mück.

Gespräche mit dem Pfarrer

Der im Kirchenvorstand engagierte Rentner lebt bis heute den katholischen Glauben. Das war allerdings nicht immer so. Auch er hatte Mal eine Phase im Leben, in der er nicht wie heute der Kirche zugewandt war: „In meinen 20ern war ich weniger mit der Kirchengemeinde verbunden“, erzählt der gelernte Verfahrenstechniker. „Ich habe nicht durch die Gottesdienste zum Glauben gefunden, sondern vor allem durch Gespräche mit dem Pfarrer“, erklärt der Tröglitzer. Damals betreute Karl Mück zusammen mit Pfarrer Wüstmann die Jugendfahrten, abends kam er dann mit dem Theologen näher ins Gespräch. Diese Erlebnisse haben den heutigen Rentner nachhaltig geprägt. „Der Glaube ist eine persönliche Angelegenheit“, findet Mück.

Zurzeit besuchen von den 280 Gemeindemitgliedern ungefähr noch 30 bis 40 Katholiken die Kirche regelmäßig. Für die Zukunft hofft Mück, dass das Kirchengebäude weiterhin als Ort der Gemeinschaft genutzt wird. Denn letztendlich lebe der Glaube von denen, die glauben. Damit diese in Zukunft nicht weniger werden, sei es wichtig, als Kirchengemeinde aufgeschlossen zu sein, findet Mück. Denn das Gemeindeleben kann sehr lebendig sein: „Gerade bei Jugendfahrten und an internationalen Kirchentagen spürt man die Atmosphäre, die Kirche ausmacht.“

Wie man Glauben vermittelt, hat Karl Mück selbst als Vater erlebt. „Mein Sohn fragte mich mal: Vati, wer ist eigentlich der heilige Geist? Da wusste ich nicht sofort eine Antwort. Letztendlich habe ich gesagt: Das ist wie ein guter Gedanke.“ So gesehen wurde 1953 mit der Heilig-Geist-Kirche in Tröglitz nicht nur eine Kirche gebaut, sondern ein guter Gedanke geboren, der mit seinen Höhen und Tiefen bis heute lebt. (mz)

Die Kirche von Tröglitz
Die Kirche von Tröglitz
Helga Freund Lizenz