"Haste Zeitz was richtig Gutes getan" "Haste Zeitz was richtig Gutes getan": Kaynaer Künstler verzaubert nicht nur Hauswände
Kayna - Uwe Starkes Markenzeichen sind sein in Airbrush-Technik bemalter VW Caddy und das Wandbild in der Zeitzer Weberstraße. Letzteres bekommt seitens der Stadt demnächst eine besondere Würdigung. Das ohne Auftrag entstandene Kunstwerk soll fortan nachts beleuchtet werden. Wahrscheinlich ab 1. Februar ist es soweit.
Bild verändert den Blick auf das eigene Selbst, auf Zeitz und die Menschen in der Stadt
Wandbilder haben eine lange Tradition. Die ältesten bekannten Wandbilder entstanden vor ungefähr 40.000 Jahren und befinden sich in der El-Castillo-Höhle in Spanien. In diesem Jahrhundert wurden die Gemälde auf den Hausfassaden zunehmend für politische oder werbliche Zwecke benutzt. Einige Beispiele dafür kann man in Zeitz noch heute sehen. Das berühmteste ist wohl das Takraf-Wandbild.
Ganz anders verhält es sich mit der Malerei von Uwe Starke. Vordergründig verfolgt Starke keinen Zweck. Dennoch geschieht etwas mit dem Betrachter. Das Bild verändert den Blick auf das eigene Selbst, auf Zeitz und die Menschen in der Stadt. Und wer ganz genau hinsieht, erkennt, dass der Künstler die Menschen malte, die er liebt. Vier Monate hat Starke bis zur Fertigstellung des Bildes gebraucht. Unzählige Male ist er täglich vom Gerüst gestiegen, um die Arbeit aus der Ferne zu begutachten.
„Hochgestreckter Daumen aus dem Autofenster heraus, das motiviert bei der Arbeit“
Unzählige Male kletterte er wieder hinauf, um Korrekturen vorzunehmen. Während er sich bei kleinen Wandgemälden oder beim Bemalen von Fahrzeugteilen gerne der Airbrush-Technik bedient, wählte er für die Fassade der Weberstraße seine persönliche Spezialmischung lichtechter Acrylfarben und den Pinsel.
„Ein Pinsel hat einen Strich und Struktur“, kommentiert er seine Entscheidung knapp. Dass seine Arbeit bei den Bürgerinnen und Bürgern gut ankommt, bestätigen die Kommentare der Passanten während der Entstehungsphase. „Sätze wie, da haste Zeitz was richtig Gutes getan oder ein hochgestreckter Daumen aus dem Autofenster heraus, das motiviert bei der Arbeit“, erzählt Uwe Starke.
Kaynaer Künstler geht zur Entspannung in den Garten
Zu Hause ist er in Kayna. In seiner kleinen Werkstatt bereitet er die Materialien für die Arbeit vor oder bemalt Fahrzeugteile nach Kundenwunsch. Zur Entspannung geht es dann in den Garten. Bei Uwe Starke bedeutet Entspannung aber Gartengestaltung. Von der Straße nicht zu sehen, tut sich hinter dem Hoftor ein kleines Paradies aus Teichen, Wegen, Brücken und Steinhügeln, bewachsen mit Sedum und Hauswurz, auf.
„Ich liebe Hauswurz, obwohl es dauert, bis der mal so richtig groß wird.“ Dabei blickt er sich im Garten um, als würde er im Kopf schon die nächste Ecke umgestalten. Dafür muss der VW Caddy wieder herhalten, um die handverlesenen Steine zu transportieren. „Mehr als zwei geht nicht. Dann geht er in die Knie“, sagt Starke und deutet dabei auf den einen halben Quadratmeter großen sandrosafarbenen Bruchstein.
Urban Sketching: „Ich suche mir die Gassen neben den touristischen Highlights"
Uwe Starke kann aber nicht nur „groß“. Nach der Gartenbesichtigung, in der Küche des Wohnhauses, holt er aus einer Mappe eine Reihe von Zeichnungen hervor und breitet sie auf dem Tisch aus. Stadtskizzen, neudeutsch „Urban Sketching“, die mit einer speziellen Tuschetechnik erstellt wurden. Motive aus Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Doch keines zeigt die bekannten Postkartenansichten. Würden die Orte nicht auf den Zeichnungen vermerkt sein, die meisten würde man kaum wiedererkennen. „Ich suche mir die Gassen neben den touristischen Highlights. Es sind die unspektakulären Ansichten, die mich interessieren“, erzählt er. Heute würde man sagen, Uwe Starke ist auf der Suche nach den verschwunden, verlorenen Orten – den Lost Places.
Im Gegensatz zu der derzeitigen Mode, leerstehende Fabrikhallen und verfallene Häuser zu fotografieren, sind bei Uwe Starke die Menschen in den Häusern und Gassen noch da. Mit einem feinen Strich, gezielten Lavierungen, und schon gibt er den Orten ihre Würde zurück. Er sucht nicht den morbiden Charme vandalisierter Ruinen, um sich daran zu ergötzen.
Gerade in dieser Flüchtigkeit schafft Künstler das Wesentliche zu erfassen
Uwe Starke hingegen erzählt vielmehr von der Schönheit, vom Leben und den Menschen, dabei strahlen alle Szenen eine unglaubliche Wärme aus. Die Zeichnungen sind wie sein Garten, in dem im Laufe der Zeit immer wieder neue Ecken zum Leben erwachen. Obwohl er von sich behauptet: „Ich kann keine Menschen zeichnen“, gelingt es ihm, die Menschen auf dem Papier doch sehr lebendig werden zu lassen.
Viele dieser Zeichnungen entstanden in den Sommermonaten des letzten Jahres. Hat er in einem Ort ein Motiv gefunden, muss das Zeichnen schnell gehen. Deshalb benutzt er nur sehr kleine Formate und spezielle Zeichenstifte. Gerade in dieser Flüchtigkeit schafft er es, das Wesentliche zu erfassen. Vielleicht ist das das Geheimnis ihrer Faszination. (mz)