Gundermann lebt weiter Gundermann lebt weiter: Film über Liedermacher feiert ungewöhnlichen Leinwandstart

Zeitz - Mit gestreiftem Fleischerhemd, Hosenträgern und Brille erfüllte der Liedermacher Gerhard Gundermann die Legende vom Anderssein. Für manche war er zu DDR ein Idol, von anderen wurde er leise belächelt und nicht verstanden. Im Juli 1997 spielte er von Hunderten Leuten in einer lauen Sommernacht im Zeitzer Schlosshof.
Jetzt kommt der Liedermacher zurück in die Elsterstadt: Am Donnerstag startet der Film über einen der bekanntesten Liedermacher der DDR bundesweit in den Kinos. Am Samstag gibt es einen besonderen Kinoabend im Brühl Cinema. Es flimmert nicht nur dieser Streifen von Regisseur Andreas Dresen über die Leinwand, sondern die Bockwitzer Kultband Saitlinge tritt auf. Also jene Musiker, die im Sommer 1997 mit Gundermann in Zeitz auf der Bühne standen. Als Vorband zu den Sommermusiktagen.
„Gundermann war mehrmals in Bockwitz, die meisten von uns kannten ihn ganz gut“, sagt Peter Schneider. Damals spielte er auf dem Saxofon, heute spielt der Schauspieler eine kleine Rolle im Gundermann-Film. „Mir persönlich war es sehr wichtig, in dem Streifen mitzuspielen, nicht nur, weil ich Gundi kannte. Sondern weil er als Künstler sich selbst treu blieb und ein unverwechselbares Stück DDR-Geschichte verkörperte“, sagt Schneider heute.
Gundermann verdiente in der Lausitz als Baggerfahrer sein Geld
Denn Gundermann verdiente in der Lausitz als Baggerfahrer sein Geld. Mit seinem Einkommen konnte er sich und seine Familie mit den Kindern versorgen, unabhängig davon, wie viele Fans zu seinen Konzerten kamen.
„Dass er sich durch seinen Job eine unabhängige Kunst leisten kann, das gefällt mir an ihm“, sagt Schneider. Darum wollte er gern in diesem Film dabei sein. Auch Bernd Christen stand mit vor der Kamera. „Wir haben zum Beispiel in Ferropolis gedreht, doch ich war nur ein Statist“, sagt Christen. Der Wirt der Musikkneipe in Bockwitz kennt Gundermann ebenfalls. „Er ist zweimal mit einem Soloprogramm bei mir aufgetreten. Ich weiß noch, dass Gundi damals im Vorfeld veganes Essen bestellt hat. Damit kannten wir uns gar nicht aus, deshalb haben wir extra einen Koch aus Dresden geholt“, erinnert er sich.
Im Schloss Moritzburg und in der Music Hall Altenburg spielten Christen, Schneider und die anderen Saitlinge als Vorband. „Wir mochten ihn, vor allem seine Texte“, sagt Schneider. Denn der Liedermacher zeichnet mit seinen Texten Bilder, die melancholisch sind und „die Erde anfressen“, so wie eben ein Bagger im Braunkohlen-Tagebau - wie genau hier vor unserer Tür in Profen.
Die Saitlinge greifen die Balladen von Gundermann auf und lassen sie in ihren Liedern weiterleben
„Seine Texte waren immer eine Inspiration für uns“, sagt Peter Schneider. Und nach den Dreharbeiten im November haben ein paar Gleichgesinnte in Bockwitz das Projekt Gundermann-Singers ins Leben gerufen, proben seit dem Herbst einmal im Monat im Seh-Song und bringen acht Lieder zur Zeitzer Premiere im Kino auf die Bühne. Mit Liebe, Leidenschaft und ein wenig Wehmut. Die Saitlinge greifen die Balladen von Gundermann auf und lassen sie in ihren Liedern weiterleben.
Ein bisschen Liebe, viel Musik und auch innere Zweifel. Worte mit Tiefgang, so wie man es aus seinen Liedern kennt. Innere Zerrissenheit, die in einem frühen Tod gipfelte. Im Sommer 1998 - also vor 20 Jahren - blieb unvermittelt sein Herz stehen. Da war er gerade mal 43 Jahre alt. „Ich konnte es damals gar nicht fassen, denn wir hatten für den Herbst gerade das nächste Konzert mit Gundermann geplant, stattdessen fuhr ich dann nach Hoyerswerda zu seiner Beerdigung“, sagt Christen.
Hin und hergerissen zwischen Kunst und Kohle, ein Beispiel für das Leben in der DDR. Man darf sich auf einen anspruchsvollen Kinoabend und anschließenden Filmgespräch mit Schneider in Zeitz freuen.
(mz)
