Glücksfälle lernen fürs Leben
Zeitz/MZ. - Geplant hatte Marcus Bösewetter, von Anfang September 2005 bis Ende Mai 2006 im Heim zu arbeiten. Daran schließen sich jetzt drei weitere Jahre an. Der 19-Jährige beginnt in wenigen Monaten eine Ausbildung zum Altenpfleger. Freiwillig, aber unerwartet. "Nach dem Abitur wollte ich eigentlich Hotelkaufmann werden. Die Gastronomie interessiert mich einfach. Der Beruf des Kochs war mir jedoch zu unsicher. Etwas Kaufmännisches sollte schon dabei sein", blickt Bösewetter zurück.
Doch die Zeit auf der Pflegestation hat einiges für ihn verändert. Am Anfang stand neben der ungewohnten Arbeit vor allem die Frage im Raum, wie er den täglichen, engen Kontakt zu alten und kranken Menschen verkraften würde. Bösewetter lernte jedoch schnell dazu, nahm sich Tipps von Kolleginnen an und fand den Zugang zu den Heimbewohnern. "Ich begegne den Leuten mit Respekt und bemühe mich um ein ehrliches, aber nicht zu vertrautes Verhältnis." Das Gleichgewicht zwischen Mensch und Patient müsse man treffen.
Das richtige Gleichgewicht spielt auch in seiner Freizeit eine wichtige Rolle. Seit sechs Jahren kegelt Bösewetter für den Verein seines Heimatortes Bünauroda. Was aus purer Freude für den Sport begann, hat heute eine zusätzliche Bedeutung für ihn. "Wenn ich nach dem Dienst zum Training gehe, dann ist das oft der richtige Ausgleich. Für die Wettkämpfe am Wochenende tausche ich, wenn es irgendwie geht, auch schon mal meine Schicht", gibt Bösewetter zu.
Für Thomas Niemczyk endet hingegen das Kapitel Pflegeheim in Kürze. Im April verlässt er die Küche des Heimes und ist keineswegs traurig darüber. "Die Monate als Küchenhilfe haben mir gezeigt, wie sehr ich meinen eigentlichen Ausbildungsberuf mag. Aber vertane Zeit war es auf keinen Fall", meint der Bankkaufmann. Doch der ständige Zeitdruck sei schon gewöhnungsbedürftig gewesen. Zwischen Geschirr spülen, Schnitten schmieren, Salate und Nachspeisen anrichten sowie Kaffee kochen bleibt wenig Zeit. Wenn 50 Leute rechtzeitig ihre Mahlzeiten bekommen sollen, müsse man sich mächtig ins Zeug legen. Gerade den Servicegedanken schätzt der 23-Jährige aber besonders, denn "den Leuten helfen - das liegt mir am Herzen. Und das kann ich hier ebenso gut wie in einer Bank."
Im Moment konzentriert sich Niemczyk wieder auf seinen gelernten Beruf. Die ersten Bewerbungen sind schon verschickt. Aktuell nur bis nach Halle oder Leipzig. Freunde und Familie will der Zeitzer nur ungern verlassen. Bei ausbleibendem Erfolg würde er sich aber bundesweit um einen Job bemühen. Auf die Lehren aus ihrer Zeit als Zivildienstleistende können Niemczyk und Bösewetter überall zurückgreifen. Und dass die vergangenen neun Monate sinnvolle Lektionen parat hielten, darüber sind sich beide einig.