Ergreifende Erinnerung Ergreifende Erinnerung: Zeitzer erzählt wie US-Bomben die Bergsiedlung trafen

Zeitz - Fast auf den Tag genau 75 Jahre ist es her, dass amerikanische Bomben die Zeitzer Bergsiedlung trafen. Jörg Federbusch, er selbst wohnt in der Siedlung, meint, dass dieses Ereignis nicht in Vergessenheit geraten sollte und hat dazu folgenden Beitrag verfasst:
Artikel und Veröffentlichungen gedachten kaum der Zeitzer Bergsiedlung
Natürlich gibt es öffentliche Quellen zu den Geschehnissen vom 30. November 1944 in Zeitz wie das Sonderheft Geschichte 16 der Zeitzer Heimat „Die Kriegsjahre 1939 bis 1945 in Zeitz und Umgebung“ von Rolf Zabel (2005) oder das Buch „Der Kampf um Zeitz 1945 von Jürgen Möller (1. Auflage 2010). Mir erschien es jedoch wichtig, noch lebende Zeitzeugen (langjährige Bewohner der Bergsiedlung) zu ihren (vielleicht manchmal etwas subjektiven) Erinnerungen zu befragen.
Zwar war 2005 in der Mitteldeutschen Zeitung in etlichen Artikeln des Bombenangriffes vom 30. November 1944 auf Zeitz anlässlich des 60. Jahrestages gedacht worden, jedoch gab es kaum Informationen zur Bergsiedlung. Am Donnerstag, dem 30. November 1944, herrschte herrliches sonniges Wetter. Gegen 13 bis 14 Uhr tauchten amerikanische Flugzeuge auf. Diese wurden von Fliegerabwehrkanonen (Flak) beschossen.
Katastrophaler Treffer durch US-Bomben erlitt das Haus der Familie Wackernagel
Das eigentliche Ziel Hydrierwerk/Brabag Tröglitz war eingenebelt, die Flugzeuge warfen ihre Bombenlast vorfristig ab, um Höhe zu gewinnen. So kam es zu den Bombentreffern in der Bergsiedlung und Umgebung. Viele Bomben explodierten auf dem Feld zwischen dem Knittelholz und dem Birkenweg. Die Bombentrichter waren noch viele Jahre dort zu sehen. In der Bergsiedlung waren besonders die höher gelegenen Straßen betroffen.
Im Birkenweg gab es besonders viele Schäden. Im Garten der Nummer 8 landete ein Blindgänger, die Nummer 9 wurde von einem Volltreffer in die Jauchegrube so beschädigt, dass das Haus unbewohnbar war. Zwischen den Häusern 16 und 18 schlug eine Bombe ein, die beide Häuser teilweise beschädigte. Einen katastrophalen Treffer erlitt das Haus der Familie Wackernagel (Nummer 25). Es starben vier Familienangehörige: zwei junge Mädchen und ihre Großmütter.
Im Ebereschenweg kam es zur völligen Zerstörung des Hauses Nummer 11
Auch im Akazienweg starben Bewohner bei diesem Bombenangriff. Haus Nummer 10 erlitt einen Treffer. Ein Schulkind der Klasse 1 und die Mutter des Mädchen kamen um. Das Nachbarhaus Nummer 12 wurde voll getroffen, die Bombe tötete fast die gesamte Familie (in der offiziellen Liste aus dem „Zeitzer Tageblatt“ vom 6. Dezember 1944 sind Karin, Hildegard, Edith und Horst Reiner genannt).
Im Ahornweg gab es nur geringe Schäden. So landete ein Blindgänger auf der Straße am Hydranten (am Haus Nummer 16) und drei Bomben schlugen im Garten von Nummer 28 ein. Vollständig zerstört wurde das Haus Nummer 59 der Familie Dostlebe) im Platanenweg. Auch das Haus Nummer 55 im Platanenweg wurde teilweise beschädigt, im Garten des Hauses 52 landete eine Blindgängerbombe. Im Ebereschenweg kam es zur völligen Zerstörung des Hauses Nummer 11. Die Hausbesitzerfamilie lebte danach längere Zeit in einer Baracke im Garten. Mitte der Fünfzigerjahre, als das Vorderhaus wieder bezogen war, brannte die Baracke ab.
US-Bomben über Zeitz: „Die Kinder fingen an zu weinen uns suchten Schutz bei Oma“
Der Eichenweg kam glimpflich davon, dort schlug nur ein Blindgänger im Garten des Hauses Nr. 12 ein. Eindrucksvoll und fast emotionslos (die Menschen waren damals offenbar Schlimmes gewohnt) schilderte eine junge Bewohnerin der Bergsiedlung in ihrem Tagebucheintrag vom Abend des 30. November 1944.
„Der Alarm dauerte zweieinhalb Stunden, wieder unter Mittag. Eine Stunde lang brummten die Flieger wieder über uns und die Flak schoß wie wild. Wir waren alle im Keller. Auf einmal ein Rauschen. Das Kellerfenster kam geflogen, ein Klirren und Krachen, Dreck und Wind kam in den Keller, die Kinder fingen an zu weinen uns suchten Schutz bei Oma…“
Der Autor möchte die Geschichte der beschriebenen Zeit weiter aufarbeiten. Allerdings, so schreibt er, liegen ihm bis jetzt kaum Bilder der Zerstörungen in der Bergsiedlung vor. „Falls jemand im Besitz solcher Fotos ist, wäre ich dankbar für eine leihweise Überlassung“, schreibt Federbusch
Telefonisch erreichbar ist der Autor über 03441/213554 (mz)