Elli Voigt warnte Nachbarn und bezahlte mit dem Leben
GROSSOSIDA/MZ. - Eine Straße, die nach Elli Voigt benannt wurde, wird es in Großosida nicht geben. Vielleicht entschließt man sich in der Gemeinde Gutenborn noch, mit einem Gedenkstein an diese Frau zu erinnern. Sie war es, die am Abend des 13. April von Kleinosida herübergekommen war, um den Menschen in Großosida zu sagen, sie sollten weiße Fahnen hissen, dann würden ihnen die Amerikaner nichts tun. Die waren bereits in Kleinosida.
Jene Elli Voigt wurde erschossen am Wehr gefunden. Sie war auf dem Rückweg nach Hause gewesen. "Danke, du hast uns gewarnt und das mit deinem Leben bezahlt", schreibt Kurt Kutzschbauch in seinem Kriegstagebuch. Seine Eltern waren Bauern in Großosida und Elli Voigt arbeitete bei ihnen. Der 1928 Geborene lebt heute in Berlin. Er war es auch, der anregte, Elli Voigt nicht zu vergessen und in angemessener Form an sie zu erinnern. Er schlug vor, die Dorfstraße, heute Schmale Straße, nach ihr zu benennen. Beim Bürgermeister von Gutenborn Uwe Kraneis (parteilos) war das Anliegen durchaus auf Interesse gestoßen. Er hatte sogar Roland Kühn damit beauftragt, weitere Nachforschungen anzustellen und sich mit Kutzschbauch in Verbindung zu setzen.
Martha Elli Prüfe, spätere Voigt, erblickte am 22. September 1917 in Kleinosida das Licht der Welt. Sie war eines von 14 Kindern, neun Mädchen und fünf Jungen, von Minna Martha Eisenschmidt und Albin Emil Prüfe aus Heuckewalde. Ihr Vater war Arbeiter auf Grube Herrmann, heute bekannt als Herrmannschacht. Elli Voigt wohnte bei ihren Eltern und ihrer Schwester Käthe in Kleinosida und zeitweise bei ihren Schwiegereltern in der Dorfstraße 13 in Großosida. Am 13. April 1945 fuhr Elli Voigt von Kleinosida mit dem Fahrrad nach Großosida, um ihre beim Bauern arbeitende Verwandtschaft und die Einwohner vor dem Einzug der Amerikaner zu warnen. Sie machte sich auf den Rückweg, kam aber nie zu Hause an. Am nächsten Tag suchte ihr Vater nach ihr. Am Wehr traf er einen deutschen Soldaten, der ihm die Tote zeigte - seine Tochter Elli. Sie soll in ein Panzergefecht gekommen sein. In Kleinosida meldete Prüfe den Tod seiner Tochter der amerikanischen Besatzungsmacht und dem Dorfpfarrer. Der Pfarrer veranlasste, dass Elli Voigt mit einem Wagen abgeholt wurde. Der Nachbar Hoffman baute einen Holzsarg und sie wurde auf dem Friedhof von Kleinosida beerdigt. Ein Kreuz durfte nicht aufgestellt werden. Über den Pfarrer, der Elli Voigt geborgen und beerdigt hat, erhielt Kurt Kutzschbauch Auskunft von Pfarrer Werner Köppen in der Zeitzer Gemeinde St. Stephan-Nicolai. Von 1934 bis 1946 amtierte Pfarrer Friedrich Schüttlöffel.
Kutzschbauch hofft immer noch, dass es eine sichtbare Erinnerung an die vor 65 Jahren getötete Frau gibt: "Eine Straßenbenennung oder ein Gedenkstein macht sie nicht wieder lebendig, macht auch nichts ungeschehen", meint Kutzschbauch, "aber ich hoffe, dass so auch künftige Generationen in und um Großosida an das schreckliche Ende des Krieges erinnert oder noch besser gemahnt werden."