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Einwohner Einwohner: Warum Zeitz die Rote Laterne hat

Von Angelika Andräs 01.02.2017, 06:00
Sindy Möckel möchte ihre vierjährige Tochter Laura, die sie hier an der Kindertagesstätte Kinderträume abholt, in Zeitz aufwachsen sehen. So denken schon einige junge Familien. Dennoch geht die Einwohnerzahl in Zeitz immer noch zurück.
Sindy Möckel möchte ihre vierjährige Tochter Laura, die sie hier an der Kindertagesstätte Kinderträume abholt, in Zeitz aufwachsen sehen. So denken schon einige junge Familien. Dennoch geht die Einwohnerzahl in Zeitz immer noch zurück. Hartmut Krimmer

Zeitz - Zeitz ist das Schlusslicht in Sachen Einwohner im Burgenlandkreis. Aber Weißenfels und Naumburg, die beiden anderen großen Städte, haben nicht nur einfach mehr Einwohner, sie haben Zeitz schlichtweg überholt.

1990 hatte Zeitz nämlich die meisten Einwohner und fast doppelt so viele wie Naumburg. Doch jetzt leben dort rund 3.000 Menschen mehr. Und während es in Zeitz kontinuierlich bergab ging, legten die beiden anderen Städte kräftig zu. Weißenfels „überholte“ sich sogar in der Bevölkerungsprognose selbst: 41.600 Einwohner verzeichnet die Statistik dort am 31. Dezember 2016. „Die sechste Bevölkerungsprognose hatte 39.600 Einwohner im Jahr 2016 für Weißenfels vorausgesagt“, so die Weißenfelser Pressesprecherin Katharina Vokoun.

Wie lässt sich eine so positive Entwicklung für Weißenfels erklären?

Um gleich bei Weißenfels zu bleiben: Wie lässt sich eine so positive Entwicklung erklären? Oberbürgermeister Robby Risch (parteilos)  sieht zwei Umstände, die vor allem in den letzten Jahren dazu beigetragen haben: „Zum einen haben wir in den vergangenen Jahren viel dafür getan, unsere ausländischen Mitbürger zu integrieren, und wir werden auch weiterhin an dieser Aufgabe arbeiten. Zum anderen partizipieren wir von der geografischen Lage im Ballungsraum Leipzig-Halle und von der Entwicklung der Unternehmen in unserer Stadt. Wir haben einen guten Branchenmix und auch ein Angebot von hochwertigen Arbeitsplätzen.“

Dass eine Stadt attraktiv sein und neben Arbeitsplätzen eine lebenswerte Umgebung bieten muss, das ist auch dem Zeitzer Oberbürgermeister klar. „Es ist erfreulich zu sehen, dass der Bevölkerungsrückgang deutlich hinter den Prognosen zurückbleibt“, sagt Christian Thieme (CDU). Immerhin verlor die Kommune 2016 nur 142 Bewohner, viel weniger als noch ein paar Jahre zuvor. Da waren es im Durchschnitt erst 1.000, dann 500 weniger pro Jahr. Gestoppt ist die Abwanderung  noch nicht. Prognostiziert sind laut Statistischem Landesamt für 2020 gut 27.000 Einwohner.

Das Wegbrechen der großen Industriebetriebe in und um Zeitz

MZ-Leser Wolfgang Hahn erinnerte in einem Anruf daran, dass Zeitz noch 1988 über 43.000 Einwohner hatte und damit knapp unter Höchstzahl von fast 47.000 lag, die bis in die 1970er Jahre gehalten wurde. Für Hahn ist der Hauptgrund für den Bevölkerungsrückgang, wie für viele andere auch, das Wegbrechen der großen Industriebetriebe. „Das wird man nie ganz kompensieren können, aber man sieht doch, wie Naumburg auf Tourismus und Freizeitangebote setzt, und das scheint zu funktionieren, oder?“

Naumburgs Oberbürgermeister Bernward Küper (CDU) sieht es so: „In den letzten Jahren konnten wir eine konstante Einwohnerentwicklung feststellen, was uns natürlich freut und nicht überall in Sachsen-Anhalt der Fall ist“, sagt er, „dabei wurden Bemühungen unternommen, besonders beim Wohnangebot attraktive Möglichkeiten zu schaffen. Außerdem entwickelt sich auch die Kulturlandschaft mit bestens nachgefragten und im Jahreskalender feststehenden Angeboten immer weiter.“

Christian Thieme: „Wir werden weiterhin intensiv an der Attraktivität der Stadt arbeiten“

Man darf natürlich in den Bemühungen nicht nachlassen. Das schätzt der Weißenfelser Oberbürgermeister sehr realistisch ein. „Die sicheren Arbeitsplätze sind ein bedeutender Grund dafür, dass sich wieder mehr Menschen dazu entscheiden, in Weißenfels Fuß zu fassen. Uns ist aber auch bewusst, dass aktuell etwa 2.000 Beschäftige in Weißenfels nur einen Nebenwohnsitz haben“, so Risch, „hinzu kommen geschätzte 500 Mitarbeiter, die täglich aus Richtung Leipzig einpendeln. Wir haben also verlässliche Unternehmen mit guten Arbeitsplätzen und trotzdem erwägen viele der hier Arbeitenden noch nicht, nach Weißenfels zu ziehen.“

Als Gründe, warum man mit dem Umzug nach Weißenfels noch zögert, werden die Bäder angesprochen, das fehlende Kino thematisiert, ein Indoor-Spielplatz gewünscht oder die viel zu kleine Bibliothek bemängelt. „Hier müssen unsere nächsten Schwerpunkte liegen. Wir wollen und werden nicht nur ein attraktiver Wirtschaftsstandort, sondern auch ein attraktiver Wohnstandort werden.“ Da ist Christian Thieme voll dabei: „Wir werden weiterhin intensiv an der Attraktivität der Stadt arbeiten und wir werden uns auch noch mehr bemühen, die schönen Seiten der Stadt nach außen darzustellen.“ (mz)