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Vernagelt, kaputt, bröckelnd und defekt Einstürzende Denkmäler in Zeitz: Warum die Häuser der Außenwirkung besonders schaden

Von Angelika Andräs 20.02.2018, 07:00
Kaputte Dächer, schiefe Schornsteine, kaputte Schmuckelemente und blinde Fensterscheiben: Die Rahnestraße bietet im Detail einen ruinösen Anblick. Die Diskussionen um ihre Zukunft dauern an.
Kaputte Dächer, schiefe Schornsteine, kaputte Schmuckelemente und blinde Fensterscheiben: Die Rahnestraße bietet im Detail einen ruinösen Anblick. Die Diskussionen um ihre Zukunft dauern an. René Weimer

Zeitz - Man kommt um die Rahnestraße nicht herum, wenn man in die Innenstadt will. Das erfuhr auch Sabine Pelpetri aus Hamburg. „Ich würde mich gar nicht äußern, wenn ich nicht wirklich geschockt gewesen wäre“, schreibt sie, „wenn man diese Straße hoch läuft oder fährt, dann kehrt man doch um! Erst danach habe ich entdeckt, dass Zeitz viele schöne Ecken hat.“ Nur käme zuvor halt die Rahnestraße...

Das ist die Straße in Zeitz, in der von 24 Häusern 16 leerstehen und mehr oder weniger verfallen sind: vernagelte Türen, kaputte Fensterscheiben, bröckelnde Fassaden, defekte Dächer. Kaputte Dächer, die auszubessern sich Handwerker inzwischen weigern, wie auch Oberbürgermeister Christian Thieme (CDU) bestätigt. Wie hoch das tatsächliche Gefahrenpotenzial durch herabstürzende Teile - oder durch Brandstiftung tatsächlich ist, vermag niemand zu sagen. Doch für die Außenwirkung von Zeitz ist der Anblick verheerend.

Image von Zeitz: Kurzbeschreibung stellt den Verfall als Schwerpunkt heraus

Auch den Zeitzer Thoralf Zeller beschäftigt das. Er macht im Internet, vor allem in Reiseblogs immer wieder eine Erfahrung: „Man sieht zwar durchaus Positives und Sehenswertes in Zeitz - allein die Kurzbeschreibung stellt den Verfall als Schwerpunkt heraus.“ „Genauso erlebt man leider Zeitz als Gast, weil erhaltene Denkmale nur als die von mir in der MZ kritisierten Insellösungen in Erscheinung treten“, so Zeller, „und den Besucher nicht schon beim Eintritt in das Zentrum mit ihrer Schönheit und Geschichte überwältigen, wie das auch in Zeitz noch möglich wäre ... wenn endlich konsequent gehandelt würde.“

Denkmale haben keine Rendite, aber einen unschätzbaren Wert für Generationen, betont der Zeitzer: „Deshalb jetzt sofort Notsicherung, zum Beispiel über Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die meines Wissens Nothilfemittel bereitstellen kann, als schnell greifende Mindestlösung!“

Diskussionen in zahlreichen Onlineforen und im sozialen Netzwerk Facebook

Die Forderung, schnell etwas zu tun, findet man auch immer wieder in den Diskussionen in zahlreichen Onlineforen und im sozialen Netzwerk Facebook. Oberbürgermeister Christian Thieme kontert: „Es ist alles ganz einfach! Man muss es nur wollen und konsequent durchziehen! Offensichtlich ist es das leider nicht! Ja, es gibt viele Beispiele aus anderen Städten, wo alles wunderbar funktioniert hat. Nur lässt sich das nicht 1:1 auf die Rahnestraße übertragen, sonst würden wir es tun.“

Der Denkmalschutz sei ein „stumpfes Schwert“, das Bauordnungsrecht werde immer mehr greifen, aber schöner werde es dadurch nicht aussehen, weil es nur um Gefahrenbeseitigung gehe. „Und ja: Wir haben eine Strategie, die wir jetzt konsequent umsetzen - und wir sind selbst auf die Erfolge gespannt!“, erklärt Thieme, „nur reden kann ich derzeit darüber nicht. Vielleicht Ende des Jahres...“

Verfallende Häuser in Zeitz: Ab 2013 erfolgten ständige Kontrollen

Es gab in den letzten Jahren allerdings Versuche, zumindest punktuell Einfluss zu nehmen. Ab 2013 erfolgten ständige Kontrollen des Sachgebiets Ordnung und Sicherheit der Stadtverwaltung in Gebieten mit einem besonderen städtebaulichen Missstand, also rund um die Rahnestraße, im Brühl, in der Rosa-Luxemburg-Straße/Breitscheidtstraße.

„Es wurden mehr als 20 Ordnungsverfahren erfolgreich, auch mit Gerichtseinsprüchen durchgeführt“, bestätigt der ehemalige Oberbürgermeister Volkmar Kunze (FDP) Vorgänge aus seiner Amtszeit, „um den Druck zu erhöhen, stellten wir zwei Sanierungsgebietstafeln am Nicolaiplatz und an der Michaeliskirche auf, gegen die ein Grundstückseigentümer an der Rahnestraße erfolglos Einspruch einlegte.“ Auf der Tafel ist zu lesen: Leider zeigen nicht alle Eigentümer ihre Bereitschaft zur Mitwirkung und fördern so wissentlich den Verfall bedeutender Baudenkmäler und städtebaulicher Strukturen. (mz)