"Effi Briest" in Zeitz "Effi Briest" in Zeitz: Warum der Besuch in jedem Falle lohnt

Zeitz - Im Detail waren die Meinungen nach der Premiere geteilt, doch es war eine „Effi Briest“, die der gebürtigen Zeitzer Regisseurin Annekathrin Schuch-Greiff und ihrem Schauspielerteam gelungen ist. Gelungen vor allem deshalb, weil es eine zeitlose Effi Briest ist, mit der die Zeitzer konfrontiert werden. Und für alle, die jetzt noch überlegen, ob sie sich die nächste Vorstellung ansehen sollen, gibt es vor der Vorstellung im Neuen Theater und nach der Premiere im Capitol eine kleine Entscheidungshilfe. Wie also kam Effi an?
Der eine oder andere Besucher vermisste schon die klassische Effi Briest, so wie sie Theodor Fontane in seinem großen Roman schuf. Und mancher hätte sich Kostüme gewünscht, die in Fontanes, also Effis Zeit gehören. Und dann schien die Aufführung auch ein bisschen lang... Mit über zwei Stunden ist sie das auch. Langweilig wurde es allerdings nicht. Vielmehr war es durchaus faszinierend, wie der klassische Stoff gestrafft und gerafft wurde, ohne Fontane zu verletzen, ohne das Verständnis zu erschweren und ohne die Handlung zu zerstören. Das ist bei dem umfänglichen Werk sehr schwierig.
Doch nahezu durchweg bewies die Regisseurin hier eine sichere Hand. Einzig die Duell-Szene könnte noch einen Cut vertragen. Zur Erinnerung: Instetten hat die junge Effi geheiratet, lässt sie aber der Karriere wegen zu oft allein. Sie hat eine Affäre mit Crampas. Was Instetten nach Jahren erfährt: Er fodert das Duell.
So interessant und vielleicht für das Verständnis auch wichtig von Instettens Zweifel und Moralschmerzen auch sein mögen - und wie gut auch immer sie von André Dyllong über die Rampe gebracht wurden, man braucht es nicht in dieser Ausführlichkeit. Und dann wäre vielleicht der Schluss, die Tragik um Effis Ende eine Spur deutlicher geworden. Denn es geht schließlich um Effi.
Effi Briest in Zeitz: Trotz Doppelbesetzung war jede Figur auch sie selbst
Erfreulich war in jedem Fall, das kleine Ensemble zu erleben. Trotz Doppelbesetzung war jede Figur auch sie selbst. Und das, obwohl zum Beispiel Christian Theodoridis zwischen Herrn von Briest und Gieshübler ganz schön umschalten musste. Er schaffte es sogar, den etwas irritierenden Stolper-Running-Gag abzustufen von tollpatschig bis verhalten. Und Cyrus Rahbar musste es umgekehrt meistern, zwei irgendwo doch ähnlichen Figuren - Effis Liebhaber Crampas und ihren Cousin Dagobert - Gesicht und Haltung zu verleihen.
Allen voran war da aber eine wunderbare Effi (Daja Fuhrmann), die voll in ihrer Rolle aufging und überzeugte, und eine Hulda (Theresa Stork - auch Roswitha) von der man gern mehr gesehen hätte. Die Szenen der beiden jungen Frauen waren Theaterspaß pur. Und Henriette Rossner-Sauerbier war einfach Frau von Briest mit Haltung und Last ihrer Zeit. Man sollte ihr den ach so bitteren und so wichtigen Satz „Ob wir sie nicht anders in Zucht hätten nehmen müssen“ .... nicht in allgemeiner Geschäftigkeit untergehen lassen und vor allem dafür sorgen, dass man ihn drunten im Zuschauerraum auch wirklich versteht.
Lohnt sich der Besuch? In jedem Fall.
Aber vielleicht wird das am Freitagabend ohnehin besser. Denn mit der zweiten Vorstellung steht auch der Rückzug von der großen Bühne im Capitol ins Haus am Steinsgraben. Das wird wieder eine Herausforderung. Und wie lautet die Frage immer so schön? Lohnt sich der Besuch? In jedem Fall. Das Thema ist so vielschichtig und so wichtig, dass allein das ein Grund sein sollte. Und es macht durchaus Freude, Schauspieler, die ihr Handwerk verstehen und Freude am Spiel haben, in Zeitz zu sehen.
Ob man mit den Strichen, den Schnelldurchläufen, Straffungen, ob man mit der Umsetzung in jedem Detail einverstanden und glücklich ist - das sollte in der Tat jeder selbst herausfinden. Aber in einer Zeit, wo am Theater leider immer wieder alles neu erfunden und den starken Geschichten großer Autoren nicht getraut wird, stimmt hier die Balance. Und das ist mehr, als man meist erwarten kann. Und: Effi Briest wird nachwirken, man wird vielleicht sogar Lust bekommen, den Reclam-Band aus dem Regal zu holen. Und man wird Parallelen im Leben um einen herum entdecken. In jedem Fall berührt die Inszenierung, provoziert sie Gespräche, Nachdenken, Auseinandersetzung. Und ganz genau das muss Theater.
››Nächste Vorstellung von „Effi Briest“ am Freitag, 4. Mai, 19.30 Uhr, im Neuen Theater Zeitz im Steinsgraben (mz)
