Deutschlandweites Schlusslicht Deutschlandweites Schlusslicht: Haben Zeitzer Null Bock auf Bücher?

Zeitz - Haben die Zeitzer für Bücher nichts übrig? Oder interessieren sie sich womöglich gar nicht für Literatur? Eine Studie des Marktforschungsinstitutes Nexiga aus Bonn hat nämlich ergeben, dass jeder Zeitzer vom Baby bis zum Greis pro Jahr gerade 78 Euro für Bücher ausgibt. Damit liegen die Elsterstädter laut der Studie deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.
Durchschnittlich investiert nämlich jeder Deutsche pro Kopf und Jahr 104 Euro für Literatur, so die Studie, die im vergangenen Jahr erhoben wurde. Dabei gibt es deutschlandweit allerdings große Gefälle. In Großstädten wie München und Hamburg, aber auch entlang des Rheins in Köln und Düsseldorf, in den Rhein-Main-Gebieten und in und um Stuttgart und Hannover seien die Ausgaben für Bücher pro Einwohner mit bis zu 50 Prozent über dem Bundesdurchschnitt extrem hoch, so die Bonner Marktforscher.
Zeitz deutschlandweites Schlusslicht in der Buchkäuferkette
In ländlichen Gegenden - vor allem im Osten Deutschlands - würden die Ausgaben für Bücher rund 20 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Deutschlandweites Schlusslicht in der Buchkäuferkette ist Sachsen-Anhalt und dort die Eisleber und Zeitzer Region.
Sabine Nüssel betreibt seit fast vier Jahren die Gutenbergbuchhandlung in der Zeitzer Innenstadt und kann sich über ihre Kunden nicht beschweren. „Ich bin eigentlich zufrieden mit dem Bücherkauf. Natürlich könnte es immer mehr sein, aber für so eine Kleinstadt finde ich ihn völlig in Ordnung“, sagt sie und bescheinigt den Zeitzern großes Interesse an Büchern und Literatur. Neben Stammkunden würden auch immer wieder neue Kunden ihren Buchladen aufsuchen oder den geschäftseigenen Online-Shop nutzen.
Buchladen in Zeitz: Manch einer stöbert am Abend oder am Wochenende bei uns online
„Denn manch einer stöbert am Abend oder am Wochenende bei uns online, bestellt und lässt sich die Bücher zu uns ins Geschäft oder direkt nach Hause liefern“, weiß die Geschäftsinhaberin. Den meisten ihrer Kunden sei es wichtig, über die örtliche Buchhandlung und damit regional zu bestellen, zumal man durch die Zusammenarbeit mit zwei Großhändlern - was für eine so kleine Buchhandlung eher untypisch sei - schnellere Lieferzeit als Amazon & Co habe.
„Zumindest ist über die vier Jahre, die wir in Zeitz sind, unser Kundenstamm gewachsen“, so Nüssel. Gern gesehen seien bei den Kunden auch Buchlesungen. Besonders wenn es um regionale und heimatgeschichtliche Themen ginge, seien die Plätze schnell ausgebucht.
Erhobene Buchkaufkraft in keinem direkten Verhältnis zum Leseverhalten der Bevölkerung
Weil die Ausgaben für das Produkt Buch auch stark von der Sozialstruktur, dem Bildungsstand der Bürger sowie deren Einkommen abhängig ist, schätzt die Studie aber auch ein, dass die erhobene Buchkaufkraft in keinem direkten Verhältnis zum Leseverhalten der Bevölkerung steht. Ein niedrigerer Wert bedeute nicht, dass im gleichen Maße weniger gelesen wird, heißt es. Vielleicht gehen die Zeitzer eher in die Bibliothek und leihen sich ihre Bücher aus?
Mehr als 1.000 Menschen tun das auf jeden Fall. Sie haben sich im Jahr 2017 rund 40.000 Bücher aus den Bereichen Belletristik, Sach- und Kinderliteratur ausgeliehen, sagt Manuela Freyberg, Leiterin der Zeitzer Stadtbibliothek Martin Luther. Zwar sei insgesamt sowohl die Zahl der Leser als auch der Entleihungen im Vergleich zum Vorjahr etwas zurückgegangen, aber das hänge unter anderem mit der Schließung der sogenannten Medienausleihstelle in Zeitz-Ost zusammen.
Dennoch: Für die Zeitzer Stadtbibliothek Martin Luther stehen für 2017 insgesamt 24.508 Bibliotheksbesuche zu Buche, rund 6.000 weniger als im Jahr zuvor. Es gab im Vorjahr 128 Neuanmeldungen. Die Zahl, so Freyberg, sei gar nicht schlecht, wiege aber dennoch die Zahl der Abmeldungen nicht auf. Abmeldungen gab es vor allem aufgrund von Wegzügen oder weil ältere Leser gestorben sind.
Stadtbibliothek Zeitz: In diesem Jahr haben sich bereits 38 neue Nutzer angemeldet
Allein in diesem Jahr haben sich bereits 38 neue Nutzer angemeldet - quer durch alle Altersschichten. Die erwachsenen Leser aus Zeitz stehen laut Freyberg vor allem auf Krimis und historische Romane, lesen aber auch gerne mal was Lustiges. Von Kindern gefragt ist zum Beispiel altersgerechte Literatur wie „Mein Lottaleben“, „Die Schule der magischen Tiere“ oder „Gregs Tagebuch“. Um Kindern Lust aufs Lesen zu machen, werden spezielle Projekte angeboten.
Bewährt haben sich auch Kooperationen mit Schulen und Führungen durch die Bibliothek. Kreativ sind die Zeitzer übrigens, wenn es um Lesezeichen geht. Da werden Scheren, Chipkarten, Fotos, aber auch Personalausweise oder Rechnungen genutzt. Woher Manuela Freyberg das weiß? Alle diese Dinge entdeckten sie und ihre vier Mitarbeiter in Büchern, die nach der Entleihung zurückgegeben wurden. (mz)