Der Sheriff geht Der Sheriff geht: Das sind die Zukunftspläne von Ex-OB Volkmar Kunze

Zeitz - Vielleicht wäre das überhaupt die Rolle seines Lebens: Als Sheriff im Western-Outfit in seiner Stadt für Recht und Ordnung sorgen. Nun war der Western-Fan, der aus der Karl-May-Stadt Radebeul stammt und sich in Arizona wie zu Hause fühlt, in Zeitz nicht oberster Ordnungshüter, sondern Oberbürgermeister. Nach einer Amtszeit schickten ihn die Zeitzer aber in die sprichwörtliche Wüste. Als Verwaltungschef ist Volkmar Kunze (FDP) in der Stadtratssitzung am Donnerstagabend verabschiedet worden. In Zeitz wird er bleiben.
„Ich werde mir hier eine andere, kleinere Wohnung nehmen“, sagt er. Nicht fürs Rentnerdasein, obwohl er das ja mit 61 Jahren so allmählich anpeilen könnte. Vielmehr will er jetzt vieles tun, wofür er als Oberbürgermeister keine Zeit hatte. „Ich werde hier in jedem Fall ehrenamtlich arbeiten, einige Projekte begleiten. Und ich würde auch gern, wenn der neue Oberbürgermeister kein Problem damit hat, ehrenamtlich im Arbeitskreis Tourismus mitarbeiten.“
Hilfspfleger in der Stiftung Seniorenhilfe
Ein Projekt steht schon fest: Er wird in der Stiftung Seniorenhilfe etwas tun. Nicht, wie die Gerüchteküche verbreitete, als neuer Geschäftsführer, sondern als Hilfspfleger. „Da schließt sich für mich ein Kreis, ich war ja schließlich vor 40 Jahren Krankenpfleger“, meint er schmunzelnd, „da kann ich auch weiterhin etwas Sinnvolles tun.“ Aber Kunze betont auch: „Ehrenamt ja, bestimmte Projekte ja, aber ich hänge mich in keiner Weise in die Stadtpolitik rein.“
Er wirkt trotz aller Anspannung und trotz des Gefühls, dass er eigentlich noch nicht loslassen möchte, entspannt, ja fast aufgeräumt. Doch die Enttäuschung sitzt dennoch tief. „Ich bin sicherlich enttäuscht, dass das Wahlergebnis nicht meine gemeinsame Arbeit mit Stadtrat und Verwaltung für Zeitz widerspiegelt.“
Offiziell als Oberbürgermeister verabschiedet wurde Volkmar Kunze am Donnerstagabend in der Sitzung des Zeitzer Stadtrates. Den Dank für die geleistete Arbeit und die gute Zusammenarbeit drückte der amtierende Stadtratsvorsitzende Joachim Strauch (Die linke) aus. „Wir haben vor sieben Jahren einen erfahrenen Oberbürgermeister für unsere Heimatstadt etablieren können. Damals hieß es: Ein neuer Mann muss her. Volkmar Kunze hat viel getan, er hat die Stadt aus der Stagnation herausgeholt. Wunder konnte niemand erwarten.“
Rederecht erhielt auch Karl-Heinz Falz, der Vorsitzende des Seniorenbeirates. „Wir haben sehr gut mit Volkmar Kunze zusammengearbeitet, gemeinsam viel bewegt und konnten vieles für eine barrierefreie Stadt auf den Weg bringen. “ Das soll mit dem neuen Verwaltungschef fortgesetzt werden.
Jörg Stöver, Inhaber der Spowa zum Roß und amtierender Vorsitzender des Stadtmarketingvereins sieht sich mit anderen Innenstadthändlern konform, wenn er Kunze vorwirft, viel zu wenig für die Innenstadt getan zu haben. Außerdem habe er nur einen Zweitwohnsitz in Zeitz, während der neue Oberbürgermeister wirklich in der Stadt leben wolle.
Stadtrat Dieter Kmietczyk (Bündnis 90/Grüne/Wir), der sein Mandat in der Sitzung wie angekündigt niederlegte, hielt mit seiner Kritik an Kunze nie zurück. Zuletzt hatte er ihm mehrfach vorgeworfen, dass ein Konsolidierungskonzept für die Stadt dringend nötig sei und Kunze das verhindere. Außerdem sah er eine Verschleppungstaktik darin, dass Kunze die für die Stadt existenziell nötige Haushaltsdebatte 2016 nicht angepackt, sondern „auf einen Zeitpunkt nach der Wahl am 28. Februar verzögert“ habe.
Wiederkehrende Kritikpunkte im Stadtrat, aber auch von Bürgern waren Kunzes Alleingänge, sei es mit Reisen in die Partnerstadt Prescott, der Kauf der Zekiwa-Immobilie, die weiter verfällt. Hart mit ihm ins Gericht gingen Stadtrat und Öffentlichkeit, als er unmittelbar nach dem Hochwasser 2013, als die Aufräumarbeiten noch in vollem Gange waren, zu einer lange geplanten Dienstreise aufbrach. Für viele Bürger wurde er nie ein Zeitzer, sondern blieb ein Radebeuler auf Gastspiel in Zeitz. Kritisiert werden auch die vielen laufenden Baumaßnahmen mit ihren Umleitungen. (and)
„Die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler hat sich für Herrn Thieme ausgesprochen. Ich hoffe, dass es ihm gelingt, sich ganz unvoreingenommen und sehr engagiert mit Erfolg für diese Stadt einzusetzen.“ Dass es trotz allem fast 5.400 Wähler waren, die ihm ihre Stimme gaben, sieht er dennoch als großen Vertrauensbeweis, ebenso, dass sich zwei Drittel der Stadträte auch öffentlich zu einer weiteren Zusammenarbeit mit ihm bekannt hatten. Eher macht es ihm zu schaffen, was im Vorfeld der Wahlen gegen ihn verwendet worden war, dass ihm zum Beispiel immer wieder Systemnähe in der DDR unterstellt wurde. „Was meine Systemnähe angeht, das kann man durchaus in meiner Akte ,OPK Anhänger’ nachlesen, in der beschrieben wird, dass es ein Irrtum der Staatsorgane und des Ministeriums für Staatssicherheit war, mich zur Wahl als Bürgermeister der Stadt Radebeul zuzulassen.“
Wiederkehrender Vorwurf tut weh
Auch der immer wieder hochgespielte Vorwurf, dass er beim Hochwasser 2013 die Stadt im Stich gelassen habe, tut ihm weh. „Ich habe mit Herrn Otto abwechselnd von Sonntag, 2. Juni, bis Mittwoch, 5. Juni 2013, dem Ende der Katastrophenstufe, die örtliche Gesamtführung ausgeübt. Am Freitagabend waren die Straßen wieder befahrbar. Es begann die Entrümpelung ... Meine Anreise zur Konferenz in Uljanowsk begann mit dem Abflug am Samstag, da waren alle notwendigen Entscheidungen getroffen.“ Außerdem habe er sich damals entschuldigt. Und zu dieser Entschuldigung stehe er.
Kunze verabschiedet sich lieber in dem Bewusstsein, „als Zeitzer in Zeitz viel bewegt“, viel für die Stadt getan zu haben. „Ich gehe in dem Bewusstsein, immer da gewesen zu sein, wenn die Stadt mich brauchte. Es waren oft mehr als 80 Arbeitsstunden die Woche.“ Seine Aufzählung auf der Habenseite ist lang, reicht von Sanierung der Weberstraße über den Umbau Altmarkt und den Fahrstuhl im Schloss bis zu Stadtentwicklungs- und Verkehrskonzept und Weinbergen in der Innenstadt. Aber auch die Aufgabenliste, die Kunze als drängend seinem Nachfolger hinterlässt, hat es in sich. (mz)