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Bis Kairo unterwegs auf Baustellen

Von Heike Riedel 30.11.2004, 18:40

Dehlitz/MZ. - Für die Nachfahren von Karl Geißler ist es heute Ansporn, dass es der Firmengründer im schwierigen wirtschaftlichen Umfeld 1924 geschafft hat, die "Bau und Möbeltischlerei mit Maschinenbetrieb" aus einer 15 Quadratmeter großen Werkstatt heraus zu entwickeln. Die ersten Tischlereiaufträge kamen damals vom Rittergutsbesitzer Richter, erinnert die Chronik des Betriebes. Heute sind Geißlers in Weißenfels, Teuchern, Halle, Leipzig und anderen Orten der Umgebung auch wieder ein Begriff und wollen es bleiben. "Schließlich sind wir hier zu Hause", sagt Hubert Geißler (49) nicht ohne Stolz und erinnert auch an das Engagement der Familie im Förderverein der Dehlitzer Dorfkirche. In Dehlitz haben Geißlers nach dem Krieg auch den zweiten Anfang geschafft, auf den sein Vater Karlheinz mit dem Meisterbrief 1950 dann in zweiter Generation aufbauen konnte.

Der Weg in die Produktionsgenossenschaft war 1958 nicht abzuwenden. Doch standen zeitweise 30 Beschäftigte in der Werkstatt und produzierten Wohnzimmer, Kredenzen, Blumenständer, Flurgarderoben und andere Möbel, die teilweise heute noch in den Haushalten stehen. Allerdings gingen fast zehn Jahre lang 90 Prozent der Einzel- und Kleinmöbel nach England. Unter dem Firmenschild VEB Weißenfelser Kleinmöbel wurde seit 1972 produziert, doch mit dem Neubau eines Großbetriebes in Weißenfels die Werkstatt in Dehlitz 1977 geschlossen.

Heute sind die Aufträge aus der Region wieder nur ein Teil des Betätigungsfeldes der 1998 gegründeten GmbH. Denn mit seiner Spezialstrecke ist das Unternehmen selbst international gefragt. Der Reinraumbau führt es bis nach Kairo. In ganz Deutschland, aber auch in Rumänien, Tschechien, Spanien und anderen Ländern sind die Handwerker auf Montage, um in Krankenhäusern, Pharmabetrieben, Firmen der Fotooptik oder Chipherstellung Arbeitsräume mit Trennwänden, Decken und Doppelfußböden so aufzubauen, dass sie als staubfreie Räume genutzt werden können. Über den Innenausbau, Laden- und Trockenbau wird heute vor allem der Umsatz realisiert.

Wie zu Großvater Karls Zeiten gehören Türen, Treppen und Zäune aber noch immer zum Produktionsprogramm. Doch werben Geißlers nicht mehr wie einst als Glaserei. Und "Särge stets am Lager" ist auch nirgends mehr zu lesen. Dafür stehen Bootsbau, Carport-Bau und individueller Möbelbau für Industrie und Bevölkerung heute mit im Angebot. Die berufliche Leidenschaft zur Herstellung von Möbeln und ihre Restaurierung ist bis zum Junior Danny Geißler fortgetragen worden. "Goldene Hände" sagt Hubert Geißler seinem Sohn da nach.

Dem 28-Jährigen überlässt der Vater in der Regel als Projektleiter die Baustellen in der Ferne. "Einer muss vor Ort Ansprechpartner sein", ist Hubert Geißlers Erfahrung. Er hält deswegen von Dehlitz aus die Fäden in der Hand. Leider gehört nicht nur die Auftragsbeschaffung und -bearbeitung dazu. Viel zu oft muss Hubert Geißler auch Außenstände eintreiben. Und wenn er Pech hat, schaut er selbst nach erfolgreicher Klage seinem Geld hinterher, wenn ein Insolvenzverwalter Vorrechte angemeldet hat. Er arbeite jetzt oft nur noch mit vertrauten Personen und Betrieben oder versuche sich bei neuen Kunden rückzuversichern, halte seinen Betrieb bewusst überschaubar und das Risiko kalkulierbar. Diese Einsichten hat Hubert Geißler nach der Wende schon als Teilhaber einer Firma in Köln gewonnen. Sie haben schließlich auch zur Neugründung der GmbH Geißler in Dehlitz geführt.