Bangen um die Existenz Bangen um die Existenz: Wie Zeitzer Reisebüro-Inhaberin mit der Corona-Krise umgeht

Zeitz - Die Krise, die die Corona-Pandemie ausgelöst hat, trifft auch die Reisebranche sehr hart. Von Anke Herrmann, Inhaberin des seit 30 Jahren in Zeitz bestehenden Reisebüros Elstertal, erfuhr Angelika Andräs, wie es ihr zurzeit geht und was es vor allem noch zu tun gibt.
Wie sieht es bei Ihnen aus?
Anke Herrmann: Die Tür ist zu. Bei uns spielt sich alles nur noch per Telefon und E-Mail ab. Meine Mitarbeiter und ich bearbeiten seit Anfang März nur noch Stornos für abgesagte Reisen. Keine Neubuchung für die zweite Jahreshälfte kam mehr rein.
Es kommt ja doch einiges zusammen...
Weltweite Reisewarnung, keine Reisen mehr in deutsche Hotels, die angeordnete Schließung Tausender Reisebüros, abgesagte Flugreisen, Busreisen und Gruppenreisen. Lufthansa streicht 95 Prozent der Flüge - und auch die einheimische Tourismuswirtschaft bekommt so die volle Breitseite des Coronavirus’ zu spüren. Die Reisebranche benennt einen Umsatzausfall in Höhe von 4,8 Milliarden Euro für Mitte März bis Ende April. Reisebüros und Reiseveranstalter bangen um Ihre Existenz.
Wissen Sie überhaupt noch, wo Sie anfangen sollen?
Täglich überschlagen sich neue Nachrichten, erst war es Italien, was ausfiel, dann die USA, dann sagten Aida und TUI „Mein Schiff“ ersten Reisen ab. Die Unsicherheit steigt und man kommt kaum noch dazu, die Nachrichten zu lesen, zu verarbeiten und auf unsere Buchungen anzuwenden.
Ständig kommen Änderungen und neue Einreiseverbote dazu. Einige Gäste sitzen auch im Ausland fest und müssen zurückgeflogen werden. Wir helfen, wo wir können.
Was können Sie in dieser Situation überhaupt tun?
Von Tag zu Tag verschärft sich die Lage. Die ersten Veranstalter sagen Reisen ab. Die Anfragen der Kunden, was mit ihren Reisen wird, häufen sich bei uns. Wir klären auf, rufen Kunden an, denen die Reise abgesagt wurde. Ich dachte schon damals, die Pleite der Air Berlin war schlimm. Dann folgte im Februar 2019 die Pleite
der Germania und dann im September 2019 die plötzliche Pleite von Thomas Cook, die überraschend über Nacht kam. Sie bescherte uns schon da viel Arbeit und hohe Verluste, denn Thomas Cook war mein bester Reiseveranstalter. Bis heute haben wir da noch kein Geld wiedergesehen. Nur vereinzelte Kunden haben kleine Anteile davon wiederbekommen. Nun Corona – das ist der Supergau!
Wie verkraften Sie das?
Die Angst steigt, die Nächte sind schlaflos. Was wird mit meinen Gruppenreisen, Gruppen-Kreuzfahrten und Tagesfahrten für dieses Jahr? Alle Reisen sind ausgebucht, die Busse voll - mit Wartelisten! Was mache ich mit meinen
Mitarbeiterinnen? Kurzarbeit? Ich wollte es nie. Jetzt muss ich es tun. Fragen über Fragen, die sofort eine Entscheidungen brauchen. Unternehmer zu sein, ist in diesen Tagen nicht leicht.
Und für Reiseveranstalter ist das alles noch ein bisschen schwieriger?
Viele Selbstständige werden von der Krise getroffen. Ich möchte die Öffentlichkeit aber auf die spezielle Situation der Reisebranche aufmerksam machen. Kurz zusammengefasst: Der Verdienst für vermittelte Reisen fällt weg, weitere Reisen werden nicht gebucht, der Service für Ratsuchende und gestrandete Reisende wird kostenlos erbracht - und hinzu kommen laufende Kosten und das auf unbestimmte Zeit.
Und dann sind da ja auch noch Ihre zum Teil langjährigen Kunden...
Genau. Wir lassen unsere Kunden jetzt nicht im Stich. Wir arbeiten umsonst während beispielsweise die Telefonhotline eines Reisevergleichsportals und anderer Reiseveranstalter bereits abgestellt sind! Persönliche Betreuung, das bedeutet im Moment, die Leute zu beruhigen, die für Juli bis September gebucht haben, und April-Buchungen wieder zu stornieren. Und das meiste davon telefonisch - oder eben per E-Mail.
Sehen Sie einen Ausweg aus dieser Situation?
Die Branche braucht jetzt staatliche Hilfe, sonst wird es viele Wiederholungen wie die Thomas-Cook-Pleite geben. Deshalb meine Message an Sie, liebe Kunden:
Kommen Sie nach der Krise wieder ins Reisebüro Elstertal oder Ihr angestammtes Reisebüro in Zeitz und buchen Sie nicht im Internet, denn nur so kommt auch die Stadt Zeitz wieder zu Gewerbesteuern, denn wir zahlen unsere Steuern in Zeitz! Nur mit Ihrer Hilfe können wir es schaffen. Meine Bitte: Bleiben Sie gesund und kommen Sie gut durch diese Zeit! (mz)