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Autorenlesung Autorenlesung: Mit Biss und sehr viel Liebe

Von Heike Grützmann 23.05.2003, 16:57

Weißenfels/MZ. - "Deutschland sucht den Superstar. Aber kein Schwein ruft mich an. . .", heißt es in einem Monolog von Gisela Steineckert. Doch! Die Chefin des Seumeclubs in Weißenfels, Ilonka Struve, rief bei ihr an.

Auch wenn man hier nicht Deutschlands Superstar suchte, sondern die inzwischen eingeschworene Fangemeinde einfach mal wieder Lust hatte, Gisela Steineckert zu sehen, zu hören - zu erleben. Und die Steineckert kam. "Hierher komme ich immer wieder, selbst wenn ich per Anhalter fahren müsste. Das ist ein reines Liebesverhältnis", gestand sie im Gespräch mit der MZ. Seit 1994 habe sie so um die zehn Mal hier in Weißenfels gastiert. "Ich liebe den Seumeclub", ließ die 71-Jährige ihrer Begeisterung freien Lauf. Der herzliche Umgang mit den jungen Leuten beeindrucke sie. Dass immer schon Jugendliche warten, wenn sie anreist, beim Koffer tragen und beim Bühnenaufbau helfen.

Doch zu ihren Veranstaltungen, das weiß sie von ihren vielen Auftritten, mal in einem Saal vor 500 Gästen, mal in einem kleinen Raum mit knapp 30 Zuhörern, kommen fast ausschließlich Frauen. Männer seien schwer zu kulturellen Veranstaltungen aus dem Haus zu kriegen, philosophierte man noch kurz vor Beginn des Programms. "Die haben bestimmt Angst, dass sie bei unseren Veranstaltungen eins drüber kriegen", vermutete Gisela Steineckert denn mit einem Augenzwinkern.

Die Angst schien angesichts des Titels des literarisch-musikalischen Programms, "Der Biss der stillen Frauen", nicht ganz unbegründet. Doch die Angst war unbegründet. Das stellte sich schnell heraus, als Gisela Steineckert ihre Verse, Monologe und Dialoge zum Nachdenken, Mitfühlen, Lachen und Mut machen las. Begleitet von der Schauspielerin und Sängerin Angelika Neutschel, für die Gisela Steineckert viele, viele Liedtexte schrieb, und der Pianistin Irene Wittermann, wurde es auch ein Abend mit Biss. Allerdings eher in der Auseinandersetzung mit dem Krieg, den Kriegsherren, mit niveaulosem Publikum, das sich vor Lachen über Zoten reißende TV-Moderatoren, die auf "jeden Anstand scheißen", auf die Schenkel haut. Es wurden das Leben im Alter, die Schönheit, Chancen und Liebe angesprochen. Und ja, es ging auch um die fehlenden Zentimeter eines Mannes, um die Macken, Unzulänglichkeiten und Eigenarten ihres Mannes. Niemals böse. Mit Biss ja. Aber nicht bissig. Spöttisch. Aber dabei heftet sie ihren Blick auch gnadenlos ehrlich auf sich selber. So klangen selbst die lustigsten Episoden über ihren Mann, ob es um vergessene Bordkarten für den Ferienflieger, umherliegende Socken, die Falttechnik für Bettwäsche oder Putzarbeiten in der Küche ging, wie Liebeserklärungen an ihren Mann.