Wörlitzer Park Wörlitzer Park: Bauarbeiten sorgen für Unruhe
Wörlitz/MZ - Gleich neben der Kettenbrücke im Wörlitzer Park wird es geheimnisvoll. Da trifft man auf die Zelle des Mystagogen, den Betplatz des Eremiten, die Einsiedelei und wendet den Blick – geschickt von Sichtachsen gelenkt – zum Venustempel. Willkommen in der Romantischen oder auch Mystischen Partie des Landschaftsgartens von Fürst Franz. „Das ist der Bereich, in dem das Gedankengut des 18. Jahrhunderts mit der Empfindsamkeit auf die Ideen des Freimaurertums trifft“, sagt Ludwig Trauzettel. Spaziert man mit dem Abteilungsleiter für Gärten und Gewässer bei der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz auf diesen Pfaden, sind Empfindsamkeit oder Wege zum Licht derzeit allerdings sehr fern.
Vorgezogene Baustelle
Für den Parkbesucher geht es im gesamten Areal erst einmal nicht weiter. Absperrungen auf den Wegen, „Umleitung“ mahnen Schilder und führen den Spaziergänger um den Bereich herum. Hinter noch winterkahlem Gebüsch sieht man, dass es weder mystisch noch romantisch zugeht. Bagger dröhnen und vielerorts geht es in die Tiefe, sind Mauern freigelegt, Erdreich aufgeschüttet und zuweilen erspäht man noch etwas von der äußeren Hülle der verwinkelten Gänge in der Romantischen Partie. Die hat sich gezwungenermaßen zur vorgezogenen Baustelle entwickelt, denn eigentlich waren Sanierungsarbeiten noch gar nicht vorgesehen. Im Sommer 2012 aber brachten die Steine des Ganges zwischen Betplatz und Zelle des Mystagogen die Planungen durcheinander. Sie fielen aus der Tunneldecke und plötzlich gab es freie Sicht auf den Himmel. „Wir haben sofort den Gang abgesperrt und bei der Prüfung des Schadens festgestellt, dass einiges im Argen liegt“, erzählt Ludwig Trauzettel.
Die notwendigen Sanierungsarbeiten gingen in die Verantwortung seiner Gartenabteilung und sind – weil es jährlich nur begrenzte Mittel gibt – ein Projekt, das auf mehrere Jahre angelegt ist. 2015 soll in diesem Parkbereich alles fertig sein, der marode Gang ist schon jetzt wieder sicher, wenngleich noch nicht begehbar. „Im Sommer ist er wieder offen“, verspricht Trauzettel. Dann wird es über dem Gang wieder grünen und man wird nicht ahnen, dass hier vor wenigen Monaten alles offen lag.
„Wir haben den gesamten Gang abgenommen“, erklärt der Wörlitzer Gartenfachmann. Im Prinzip wurde das Gewölbe neu aufgebaut. Saniert wurde dabei vor allem das Mauerwerk, das sich hinter Natursteinen verbirgt, die man in den Gängen sieht. Diese Arbeiten waren Ende 2013 erledigt, dank der kurzen Frostperiode konnten Bagger und Bauarbeiter weiter ziehen und sanieren nun das Mauerwerk und die Einfassungen rund um die Zelle des Mystagogen. Für 2015 kündigt Ludwig Trauzettel abschließend die gärtnerische Instandsetzung an.
Schon während der gesamten Baumaßnahme hatte Trauzettel ein Auge darauf, dass behutsam mit dem Baumbestand umgegangen wurde. „Wir arbeiten so schonend, wie möglich“, sagt der Abteilungsleiter. Ob großer Baum, mittlerer Busch oder auch kleiner Krokus – dem Chef der Gartenabteilung liegt naturgemäß alles, was in den Parks der Kulturstiftung wächst und grünt, am Herzen. So ist er fast täglich mit seiner Kamera unterwegs, dokumentiert Sichtachsen vor dem Schnitt und danach und freut sich über jede neue und historisch belegte Schneise, die wieder einen Blick auf ein Highlight des Parks ermöglicht.
Auch in der Romantischen Partie gibt es etliche dieser Sichten, für die man freilich ein aufmerksames Auge haben muss, wenn man in Wörlitz unterwegs ist. Trauzettel weiß aber auch, dass gerade in diesem Parkteil die Abenteuerlust die Besucher lockt. „Die Leute wollen wissen, wo die Toiletten sind, wo es Essen und Trinken gibt und wo die Kettenbrücke ist“, sagt er. Deren Klappern hört man lange bevor man das beliebte Bauwerk sieht. Für Kinder sei es das Größte, die wackelnde Brücke zu meistern und durch die dunklen Gänge zu toben. Die kleinen Besucher können das bei rund 1,90 Meter Ganghöhe weitaus unbeschwerter als Erwachsene.
Blühfestival auf der Wiese
Trauzettel weiß noch aus seinen Anfangsjahren im Park, dass sich Erwachsene damals immer bücken mussten. Bei einer umfassenden Sanierung Anfang der 90er Jahre habe man den Boden wieder bis zum Grund abgetragen. Durch Einspülungen bei Regen war der Boden über Jahrzehnte gewachsen. Erhobenen Hauptes kann ein Erwachsener seitdem wieder ins Dunkle treten und zur nächsten Lichtinsel wandern, die schließlich den Weg zum Venustempel weist.
Und von dort aus kann es dann gleich weiter gehen zur Krokuswiese, die sich derzeit anschickt, ihre ganze Pracht zu entfalten. „Die vergangenen Sonnentage taten den Krokussen gut“, zeigt Trauzettel aufs blaue Feld. „Gute Pflege“, nennt er knapp das Rezept für den ersten Besuchermagneten jeder Saison. Bislang habe man mit dem stiftungseigenen Pferdegespann die gesamte Wiese einmal im Jahr durchgeigelt und somit die kleinen Krokuszwiebeln zer- und verteilt. Wie viele Krokusse hier blühen? Ludwig Trauzettel lacht und antwortet mit „weißt Du wie viel Sternlein stehen“. „Das sind Millionen“, glaubt er und freut sich über die blasslila Explosion in diesen Tagen. Dann drückt er auf den Kameraauslöser und macht noch schnell ein Bild vom außergewöhnlichen Blühfestival.