Wittenberger Hof im Best Western Hotel Wittenberger Hof im Best Western Hotel: "Zahl was Du willst"

Wittenberg - Die Speisekarte klingt verheißungsvoll: auf der Haut gebratenes Zanderfilet mit Fenchelrisotto und Limettensoße oder Gänsebrüstchen mit Honig glaciert mit Apfelrotkraut und Kartoffelrösti.
Die Wahl fällt nicht leicht. Doch wer am Montagabend im Restaurant „Wittenberger Hof“ des Best Western Hotels in Wittenberg speist, muss noch eine andere Entscheidung treffen. Wie viel ist mir das Mahl wert? Denn auf der Karte fehlt ein entscheidendes Detail - der Preis. Unter der Überschrift „Zahle, was Du willst“ haben die Wittenberger Gastronomen erstmals ein Experiment gewagt, sie überlassen dem Gast die Preisgestaltung.
Vorsichtiger Testlauf
Ganz neu ist die Idee nicht. Das PWYW-Konzept (Pay what you want) haben schon viele Unternehmen in den unterschiedlichsten Branchen ausprobiert: Kinos und Museen, Friseure und Stadtführer, Cafés und Restaurants machten zeitweise den Kunden zum König der Preisgestaltung. Nur wenige, wie das pakistanische Restaurant Deewan in Wien, setzen komplett und dauerhaft auf faire Kundschaft und schreiben damit auch noch schwarze Zahlen. Doreen Sichardt, Direktorin des Best Western, ist in der Lutherstadt indes die Erste und hat sich erst einmal für einen vorsichtigen Testlauf entschieden. „Zahle, was du willst“ gilt im Restaurant des Vier-Sterne-Hotels im Februar, jeweils montags zwischen 18 und 22 Uhr für ausgewählte Speisen, die Getränke fallen nicht unter die Regelung.
Sie probiere gern einmal etwas Neues, sagt die Hotelchefin. Die Wintermonate, in denen die Zahl der Touristen eher gering sei, eigneten sich für solch ein Experiment recht gut, sagt sie und hofft, mit der Aktion den einen oder anderen neuen Gast gewinnen zu können. Im eigenen Haus musste Doreen Sichardt zunächst Überzeugungsarbeit leisten. „Meine Küche war zuerst nicht so begeistert.“ Die Angst, für viel Mühe wenig Geld zu ernten, sei groß gewesen.
Die Bewertung fällt schwer
Für den Premierenabend hatten sich einige Gäste angemeldet, auch vier junge Leute waren neugierig geworden. Um möglichst viele Angebote wahrnehmen zu können, sprechen sie sich bei der Speisenwahl ab und kosten voneinander. Der Fisch sei „ein Traum“, bekundet einer der Männer. Die Bewertung in Euro und Cent fällt allerdings nicht leicht. Es sei schwierig, schließlich wolle man ja fair sein.
Elf Gäste zählt Doreen Sichardt am Testabend; die Mehrheit habe so kalkuliert, dass man damit leben könne. Nur an einem Tisch habe es für den Hauptgang lediglich vier Euro gegeben. „Das war etwas enttäuschend.“ Auf der regulären Speisekarte liegen die Preise für Hauptgänge zwischen 12,50 und 24,50 Euro. „Die Schmerzgrenze liegt für uns etwa bei zehn Euro,“ sagt Sichardt. Die Mehrheit der Gäste habe diese nicht unterschritten, „eine Dame hat sogar mehr als den regulären Preis gezahlt“. (mz)