Fest verwurzelt! Wittenberg: Das Reformationsjubiläum ist vorbei - doch der Luthergarten bleibt

Wittenberg - In zwölf Geschichten hat die MZ zum Beginn dieses Jahres das Jahr 2017 Revue passieren lassen. Mit einer 13. wird die Reihe heute beendet, es geht noch einmal um das Reformationsjubiläum.
Tausende Veranstaltungen wurden geboten, Menschen aus aller Herren Länder kamen in die Stadt. Eine „Weltausstellung Reformation“ bescherte der Kommune auch zahlreiche temporäre Bauten, von denen die meisten längst wieder weg sind. Zu den Dingen, die - neben vielen Erinnerungen - bleiben von diesem Sommermärchen, gehört der Luthergarten.
„Auch wenn ich wüsste, dass morgen die Welt zugrunde geht, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen.“ Dieses Zitat wird Martin Luther (1483 bis 1546) zugeschrieben - und es stand mit am Anfang der Überlegungen zu diesem besonderen Projekt.
Ein kommunales Projekt begleitend zum Luthergarten sieht vor, in Wittenberger Ortsteilen Korrespondenzbäume zu pflanzen - so geschehen etwa in Nudersdorf: Dort haben Grundschüler der zweiten Klasse am 2. November 2017 ein Lindenbäumchen auf dem Dorfplatz gepflanzt.
Der erste Reformationsbaum wurde bereits am 30. Oktober 2016 gepflanzt. Unter dem Motto „Welcome 2017“ läutete die Lutherstadt damals das Festjahr ein.
Bei diesem Auftakt pflanzten die Stadtoberhäupter Torsten Zugehör und Jochen Kirchner zusammen mit den Ortsbürgermeistern, dem Lutherpaar 2017 sowie den führenden Vertretern der Katholischen Pfarrei Sankt Marien Wittenberg sowie der Stadtkirchen- und Schlosskirchengemeinde eine Stieleiche gegenüber vom Altstadtbahnhof.
Oberbürgermeister Torsten Zugehör verstand die Pflanzaktion auch als Zeichen der Verbundenheit von Kernstadt und der umliegenden Ortschaften und bot den Ortsbürgermeistern jeweils einen
Korrespondenzbaum für ihre Ortschaften an, heißt es erneut auf eine MZ-Anfrage. Über Baumart, Standort und Anlass der Baumpflanzung konnte den Angaben zufolge jeder Ortsteil selbst bestimmen.
Inzwischen seien jedoch alle 14 Bäume in der Lutherstadt Wittenberg und den Ortsteilen gepflanzt „und erinnern die Bürgerschaft an ein einzigartiges und besonderes Jahr in der Geschichte unserer Stadt“.
Das Projekt Luthergarten wurde durch den Lutherischen Weltbund (LWB) in Genf initiiert und wird unter Mitwirkung des Deutschen Nationalkomitees des LWB und der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands in Kooperation mit der Stadt Wittenberg umgesetzt. Der Entwurf des Gartens stammt von dem Landschaftsarchitekten Andreas Kipar (Mailand/Duisburg).
Nach Auskunft von Hans W. Kasch, dem Direktor des LWB-Zentrums Wittenberg, kommt der LWB für die Finanzierung der Baumpflanzungen sowie unter anderem die entsprechenden Tafeln auf, während die Stadt die „Hardware“ (beispielsweise Wege) angelegt hat.
Eine Sonderfinanzierung vornehmlich aus Spenden gab es für das von dem Künstler Thomas Schönauer geschaffene Himmelskreuz, das 2016 auf der Andreasbreite im Zentrum des Luthergartens errichtet und im Beisein des damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck eingeweiht worden ist. (cni)
Ziel war es, bis 2017 500 Bäume in der Lutherstadt sowie in den Heimatorten der Baumpaten zu pflanzen. Unabhängig davon, ob das geschafft wurde oder nicht, kann man wohl dies festhalten: Der Luthergarten gehört zu den symbolträchtigsten Initiativen dieses Jubiläums und: Seine Protagonisten bleiben, fest verwurzelt, den Wittenbergern und ihren Gästen erhalten. Grund genug, die Genese des Projektes und den Status quo noch einmal näher zu betrachten - mit Hans W. Kasch, dem Direktor
des LWB-Zentrums Wittenberg. LWB steht für den Lutherischen Weltbund, dieser hat das Projekt unter Mitwirkung zahlreicher kirchlicher Partner und in Kooperation mit der Lutherstadt Wittenberg, ehedem initiiert. Die Fragen stellte MZ-Mitarbeiterin Corinna Nitz.
Wann entstand die Idee und seit wann wird sie umgesetzt? Hans W. Kasch: Die Idee wurde noch vor der Lutherdekade geboren. Der Entwurf kam dann von dem Landschaftsarchitekten Andreas Kipar aus Mailand. Es ging darum, kein weiteres Denkmal herkömmlicher Art zu schaffen, sondern etwas Interaktives, Internationales und Ökumenisches.
Die Umsetzung begann am 20. September 2008, da wurde der Grundstein für das Schotterkreuz in der Mitte gelegt, auf dem jetzt das Himmelskreuz von Herrn Schönauer steht.
Sind es inzwischen tatsächlich 500 Bäume, für die Patenschaften übernommen wurden? Und was kostet eigentlich so eine Patenschaft? Hans W. Kasch: Aktuell gibt es 451 Bäume und drei weitere folgen im März. Die letzten 46 Bäume werden im Universitätspark beim Lutherhaus gepflanzt. Für eine Patenschaft haben wir 500 Euro festgelegt, wobei der Kauf, die Pflanzung, die Anwachspflege und die Schilder darin eingeschlossen sind.
Welche Bedingungen waren an die Pflanzung geknüpft? Hans W. Kasch: Zum einen, dass der Baum für eine Kirche, Kirchengemeinde beziehungsweise eine kirchliche Einrichtung gepflanzt wird. Und zum anderen muss es Partnerpflanzungen in der Heimat der jeweiligen Baumpaten geben.
An welchen Standorten in Wittenberg stehen die Bäume? Hans W. Kasch: Im Luthergarten auf der Andreasbreite, am Neuen Rathaus, im Universitätspark am Lutherhaus und in der Collegienstraße, die zum Lutherhaus hinführt.
Welche Art kommt am häufigsten vor? Und welche seltenen sind darunter? Hans W. Kasch: Zu den seltenen Arten gehört die Melanchthonbirne, davon haben wir nur einen Baum. Er wird auch Früchte tragen, aber da wir ihn als Setzling bekommen haben - die anderen Bäume waren bei der Pflanzung schon zwölf bis 13 Jahre alt -, dauert das noch. Die am häufigsten gepflanzte Art ist die kleinkronige Winterlinde. Kleinkronig ist wichtig, weil sie nicht sehr groß werden.
Wie viele Partnerbäume sind inzwischen gepflanzt worden? Wo stehen die am weitesten entfernten, welche sind besonders nah? Hans W. Kasch: Bis jetzt wurden fast 200 Partnerbäume gepflanzt. Der am weitesten entfernte steht in Australien, er wurde am 16. September 2017 gepflanzt, die nächst gelegenen im Kirchenkreis Wittenberg.
Sind in den Partnerstandorten die gleichen Bäume gepflanzt worden? Geht das überhaupt angesichts unterschiedlicher klimatischer Bedingungen?Hans W. Kasch: Hier haben wir die Verantwortung in die Hände der Partner gelegt, weil sie am besten wissen, welcher Baum in ihre Region und in die Klimazone passt. In Jerusalem zum Beispiel wurde ein Ölbaum gepflanzt, auch in Rom.
Was passiert, wenn ein Baum eingeht? Wer hat überhaupt die Pflege? War es nicht im Fall einiger Obstbäume die Evangelische Gesamtschule? Hans W. Kasch: Wenn ein Baum eingeht, löst das zunächst einmal große Trauer aus. Bisher ist das dreimal passiert, da wurden die Bäume im Rahmen der zweijährigen Anwachsgarantie ersetzt. Danach ist für die Pflege die Stadt mit ihrem Kommunalservice verantwortlich. Die Pflege der Obstbäume liegt bei der Evangelischen Gesamtschule Wittenberg.
Die Schüler ernten aber nicht nur das Obst und stellen daraus Marmelade her, die sie verkaufen - und das Geld kommt wiederum Schulprojekten zugute. Sie verbinden die Pflege auch mit Projekten und beschäftigen sich mit dem Baum sowie mit den Baumpaten. Am Beispiel der Obstbäume sieht man direkt die Auswirkung des Luthergartens vor Ort.
Welche Prominenten haben gepflanzt? Hans W. Kasch: Da gab es viele, beispielsweise Königin Margrethe, die auch Oberhaupt der dänischen Volkskirche ist, aber auch Kardinäle und viele Landesbischöfe.
Wie fällt Ihr Fazit aus? Hans W. Kasch: Ich bin dankbar und zufrieden und kann nur immer wieder lobend die gute Zusammenarbeit mit der Stadt hervorheben. Das Luthergarten-Projekt hat viel Spaß gemacht - und es gibt weltweit ein positives Echo.
››Weiterführende Informationen zu diesem Projekt können zum Nachlesen unter www.luthergarten.de auch im Internet abgerufen werden. (mz)