Wittenberg Wittenberg: Briefkasten wird sonntags nicht mehr geleert
wittenberg/MZ. - .. Pustekuchen: Der "rote Punkt", Signet für Sonntagsleerung, prangte nicht mehr am Briefkasten vor der Hauptpost. Verweise auf Alternativstandorte? Keine. Dafür eine Telefonnummer - leider war da aber schon seit Freitag Feierabend. Wie weit hätte Lietz also fahren müssen bis zum nächsten Sonntagsbriefkasten? Kein Witz: bis nach Dessau. Lietz, Ortsvorsitzender der Wittenberger Sozialdemokraten und beruflich Referent des Oberbürgermeisters, spricht verärgert von einem "Servicerückschritt".
Bei der Deutschen Post in Berlin wirbt man um Verständnis für die "Veränderungen". Man habe über einen längeren Zeitraum "beobachtet, wie sie (die Postkästen) genutzt werden", so Sprecherin Anke Baumann. Oft hätten in der Wilhelm-Weber-Straße sonntags nur noch einzelne Briefe dringelegen. Der Kasten an der Hauptpost war der letzte mit rotem Punkt in Wittenberg; in der Sternstraße etwa war dieser Service bereits vor vielen Jahren abgeschafft worden.
Baumann verweist auf ein grundsätzlich verändertes Kundenverhalten ("Der Brief ist nicht mehr das Kommunikationsmittel Nummer eins") und betont gleichzeitig, dass die Sonntagsleerung schon immer ein "zusätzlicher" Service gewesen sei, der zudem mit einem erheblichen Aufwand verbunden war: Anders als an Werktagen habe man sonntags anstelle des sonst für die Wittenberger Post zuständigen Briefverteilzentrums Hohenthurm die Kollegen in Leipzig einschalten müssen. "Für eine Handvoll Briefe rechnet sich das einfach nicht", so die Post-Frau. Sie empfiehlt Briefeschreibern nun den Samstag (12 Uhr): Dann sei die Sendung "in der Regel" am Montag beim Empfänger.
Auch in anderen Weltgegenden, von Naumburg bis Nordrhein-Westfalen, mehren sich unterdessen Klagen über den schrittweisen Rückzug des roten Punktes aus der Landschaft. Geschlossen wegen zu geringen Aufkommens? "Wir hätten mehr Briefe eingeworfen", wenn wir das vorher gewusst hätten, schreibt mit feiner Ironie eine Leserin aus dem kleinen Ort Brauweiler (8 000 Einwohner) an ihre Heimatzeitung "Oberbergisches Journal". Zu spät. Jetzt auch für die nicht ganz kleine Lutherstadt Wittenberg.