Wittenberg Wittenberg: Branntwein ab Sonntag privat
wittenberg/MZ. - Mit der Übernahme durch die Heilbronner Brüggemann Gruppe am 1. April könnte eine Produktionsstätte stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken, die bis dato eher im Verborgenen wirkte: die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (BfB) am Hauptbahnhof. Dort wurde bisher im öffentlichen Auftrag und subventioniert Alkohol so genannter Kleinbrenner aus der Landwirtschaft zu Ethanol verarbeitet, der dann anderswo in der Spirituosen- oder Kosmetika-Herstellung verwendet wurde.
An dieser Aufgabe ändert sich mit dem Übergang in private Hände nichts, allerdings könne (s)ein Unternehmen ganz anders agieren als eine Bundeseinrichtung, erklärte Brüggemann-Geschäftsführer Wolfgang Plaschke am Freitag vor der Presse in Wittenberg: Man werde selbst in den Handel einsteigen und man werde auch ins Ausland expandieren, insbesondere nach Polen und später ins Baltikum. Der Kauf der Wittenberger Anlage sei eine "strategische Entscheidung", bedingt durch den Umbruch auf dem Ethanol-Markt: "Größere Unternehmen werden sich stabilisieren", so Plaschke. Andererseits sei Heilbronn, wo Brüggemann bereits eine vergleichbare Anlage betreibt, weit genug weg von Wittenberg, als dass man sich gegenseitig Konkurrenz machen würde.
Plaschke kündigte an, dass sein Unternehmen in den Standort Wittenberg investieren werde mit dem Ziel, die Produktion noch zu steigern. Die Vermarktung des Wittenberger Ethanols soll allerdings ausschließlich von Heilbronn aus erfolgen, um den Kunden als Unternehmen einheitlich gegenübertreten zu können ("One face to the customer"-Prinzip).
Von den bis dato 25 Mitarbeitern gehen 17 (zwölf fest, fünf vorübergehend) mit zum neuen Arbeitgeber, der Rest bleibt im öffentlichen Dienst. Als Betriebsleiter fungieren der bisherige Vize Eckbert Himmelsbach und seine Technik-Kollegin. Ein Geschäftsführer der Brüggemann Alcohol Wittenberg GmbH sei noch nicht eingesetzt, so Plaschke, dies sei aber vorgesehen. Wahrscheinlich würden später weitere Arbeitskräfte gebraucht, sagten Plaschke und Brüggemann-Personalschefin Martina Finkler. Bewerbungen seien gern gesehen (Tel. 03491 / 41 54 20), man suche auch Mitarbeiter für den Standort Heilbronn und könne sich ein "Rotationsprinzip" vorstellen.
Hintergrund des Verkaufs der Wittenberger Anlage ist wie berichtet das nahe Ende der BfB; die EU hatte die deutsche Subventionspraxis in diesem Bereich als unzulässige Beihilfe verworfen. Die Wittenberger ist die erste der drei Produktionsstätten in Deutschland, die nun privatisiert ist.