Stadtkirche Wittenberg Wird die „Judensau“ jetzt doch abgenommen?
Gerichte sind der Meinung, dass die Schmähplastik bleiben darf. Der Gemeindekirchenrat will trotzdem deutliche Zeichen setzen und schließt auch einen Ortswechsel nicht mehr aus.
Wittenberg/MZ/ - Für deutlichere Schritte im Umgang mit der judenfeindlichen Schmähplastik an der Stadtkirche Wittenberg hat sich der Gemeindekirchenrat (GKR) der Stadtkirchengemeinde nach dem jüngsten Urteil des Bundesgerichtshofs ausgesprochen. Darüber wird in einer Mitteilung informiert. Das Leitungsgremium der Gemeinde habe in seiner jüngsten Sitzung bekräftigt, den „bisherigen Weg der Neukonzeption eines Mahnmals gegen Antijudaismus und Antisemitismus konsequent weiterzugehen“. Auch ein Ortswechsel der Plastik und die Integration in ein Mahnmal werde nicht ausgeschlossen.
Zwar verweist der GKR-Vorsitzende Jörg Bielig in der Mitteilung darauf, dass nach dem BGH-Urteil die Schmähplastik aus dem 13. Jahrhundert als Teil einer Stätte der Mahnung an ihrem Ort bleiben darf. Zugleich hätten die vorausgehende Verhandlung „sowie viele Einzelgespräche, öffentliche Wortmeldungen und begleitende Briefwechsel“ klargemacht, „dass eine deutlichere Distanzierung der Kirchengemeinde vom Antisemitismus der Plastik nötig ist“, so Bielig.
Wie es weiter heißt, sei die Neugestaltung des Aufstellers ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen, um dieser „in Stein gehauenen Beleidigung aller Juden und ihres Glaubens einen deutlicheren und sichtbareren Ausdruck für die christliche Umkehr von Judenfeindlichkeit entgegenzusetzen“. Die Gemeinde wolle unterstreichen, dass sie „trotz juristischen Freispruchs auch ihre gesellschaftliche Verantwortung im Umgang mit der Schmähplastik ernst nimmt“.
Das als „Judensau“ bezeichnete Relief befindet sich an der Südostfassade von Luthers einstiger Predigtkirche. Wiederholt hatte es besonders im Umfeld des Reformationsjubiläums auch Mahnwachen gegeben, die die Abnahme des Schandmals zum Ziel hatten. Diese wird auch vom Kläger Michael Düllmann gefordert.