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Weder trocken noch altbacken

Von Ute Otto 05.03.2006, 17:21

Wittenberg/MZ. - Die leitende Sachbearbeiterin im Stadtplanungsamt war anfangs schon etwas besorgt, dass ihre Ausführungen für die - wenn auch informierten und interessierten - Bürger zu schwere Kost sein könnte. Weshalb sie darum bat, sofort nachzuhaken, wenn etwas unklar sein sollte, denn: "Wenn man mit dem Geschäft zu tun hat, merkt man nicht gleich, wenn man in den Paragraphen endet".

Rege Diskussion

Das passierte nicht. Schon bald wurde sehr rege diskutiert über den Sinn oder Unsinn langfristiger Planungen. "Wer soll denn die Häuser bauen?", fragte etwa Gisela Lukaschek, nachdem sie gehört hatte, dass die Stadt im Schnitt Bebauungspläne für 100 Wohneinheiten vorhält. Mit Blick in die Runde, fast ausnahmslos eine Vertretung der Generation 50-plus: "Wir doch nicht. Und die jungen Leute gehen doch alle weg, weil sie hier keine Arbeit finden."

Als nach der Wende die Planungsarbeit begann, habe der Lebensbaum noch relativ gesund ausgesehen, erklärte Frau Müller, wie man auf den Bedarf gekommen sei. Lothar Führer, Chef der Bauverwaltung im Rathaus, erinnert sich: "Als ich 1991 in der Stadtverwaltung angefangen habe, fehlten noch 2 300 Wohnungen." Und diese zu diesem Zeitpunkt noch aufstrebende Entwicklung des Neubaugebietes habe letztlich auch zu den Entscheidungen geführt, mit Kaufland und dem Carat-Park zwei Großversorger anzusiedeln.

"Es hätte einen Aufschrei gegeben, wenn wir die Leute auf Ewigkeiten bis Dessau hätten fahren lassen", entgegnete Führer auf den Vorwurf von Bodo Beuster bezüglich des Carat-Parkes, die Stadt habe doch selbst auf die grüne Wiese gesetzt. Weshalb man sich über den Niedergang des Innenstadthandels nicht wundern müsse. So ergab sich in der Frühstücksrunde die Überleitung zu aktuellen innerstädtischen Problemen ganz von selbst. Der Arsenalplatz spielte dabei eine große Rolle. Ein Schandfleck im Herzen der Stadt, wie die Anwesenden einmütig meinten und was die Vertreter der Stadtverwaltung ja auch nicht bestreiten.

Nicht reglementieren

"Der Bebauungsplan für den Arsenalplatz existiert, es ist uns nur nicht gelungen, die Investoren dorthin zu locken", so Margitta Müller. Charlotte Chmilewski allerding zweifelt daran, dass die "öffentliche Hand", wie sie es ausdrückte, diesbezüglich mit ausreichend Druck agiert. "Das muss schneller gehen, sonst erleben wir hier diese Stadtentwicklung nicht mehr", sagte sie.

"Die Stadt kann die Rahmenbedingungen schaffen, und das haben wir getan", sagte Führer dazu, wohl wissen, dass die Antwort die Bürgerin nicht unbedingt befriedigen wird. "Aber wir können nicht die Privatwirtschaft reglementieren", bezog er sich auf die Forderung nach der Ansiedlung eines Lebensmittelhändlers im Stadtzentrum. Hundekot auf Straßen und Plätzen, Lücken in der Ausschilderung von Radwegen, fehlende Parkplätze am Paul-Gerhardt-Stift - die Leser versäumten natürlich nicht die Gelegenheit, ihre alltäglichen Ärgernisse an den Mann beziehungsweise die Frau von der Stadtverwaltung zu bringen.

Und wissbegierig wie sie waren, nahmen sie sich nach Ablauf der vorgesehenen zwei Stunden noch Zeit für die Präsentation der Entwicklung des Bahnhofsumfeldes. An diesem Beispiel konnte Margitta Müller auch beweisen, dass Planungen durchaus dem Bedarf angepasst werden. Zugleich weckte sie Verständnis dafür, dass es gerade bei vielen Beteiligten, wie beim Umbau des Bahnhofes, viele Jahre dauert, ehe Pläne Realität werden.

Fortsetzung folgt

Weder trocken noch altbacken war, was die Leser zum Frühstück serviert bekommen hatten. Das bestätigte das Ehepaar Stock. "Dass sich die Stadt eventuell für die Landesgartenschau 2015 bewerben will, höre ich heute zum ersten Mal", sagte Hans-Joachim Stock. Und auch für die Vertreter der Stadtverwaltung sei die Veranstaltung keinesfalls verschwendete Zeit gewesen. "Das hilft uns, die Stadt mit den Augen der Bürger zu sehen", sagte Führer. Das MZ-Leserfrühstück soll regelmäßig stattfinden, an wechselnden Orten im Landkreis, zu wechselnden Themen.