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Wechsel in Wittenberg Wechsel in Wittenberg: Gabriele Metzner ist neue Superintendentin

Von Marcel Duclaud 13.11.2019, 11:51
Wittenbergs erste Superintendentin hat den Dienst angetreten: Gabriele Metzner
Wittenbergs erste Superintendentin hat den Dienst angetreten: Gabriele Metzner Thomas Klitzsch

Wittenberg - Die erste Frau auf dem Platz des Superintendenten in Wittenberg wirkt frohgemut und optimistisch. Gabriele Metzner ist seit wenigen Tagen in Amt und Würden, sie orientiert sich noch. Im Büro liegen die Geschenke auf dem Sofa, ein prächtiger Blumenstrauß steht auf dem Tisch. Die 55-Jährige, die seit Anfang November die geistliche Leitung eines nicht ganz kleinen Kirchenkreises verantwortet, freut sich offenkundig auf ihre neue Aufgabe: „Ich habe Lust, auf der Schwelle zu stehen zwischen Kirche und Gesellschaft und die Stimme der Kirche laut werden zu lassen“, formuliert sie Motivation und Anspruch.

Wissenschaft reicht nicht

Dass die Kirche unter Mitgliederschwund leidet, was sich auf die Anzahl des Personals auswirkt, dass Pfarrer mehr Gemeinden betreuen müssen, nimmt die Wittenbergerin als Herausforderung. Es kann auch wieder anders werden, sagt sie. Die Kirche sei mehr als 2000 Jahre „unterwegs“, es habe immer wieder Zeiten gegeben, in denen es zu unerwarteten Entwicklungen kam. Dass es nicht ausreiche, die Welt allein wissenschaftlich erklären zu wollen, habe nicht zuletzt die DDR gezeigt, die glaubte, keinen Glauben zu brauchen: „Dass dem nicht so ist, merken wir heute.“

Gerade in Zeiten zunehmender Ziellosigkeit, in der „aufgeladenen Situation“, in der sich die Gesellschaft befinde, könne der Blick auf den Nächsten helfen, empfiehlt die Superintendentin. Es sei ein Grundbedürfnis, sich dem Anderen zuzuwenden.

Mit dem Nächsten ist im Übrigen nicht unbedingt der Nachbar gemeint, sondern gerade der Mensch, der einem fern steht. Dass ihr der Glaube oft geholfen hat, betont Gabriele Metzner. Zum Beispiel in der DDR, als sie erlebte, wie er verdrängt werden sollte. Und jene, die ihm anhängen, gleich mit. Sie stammt aus einer kirchlichen Familie, war nicht Mitglied bei FDJ und Jungpionieren und musste die Konsequenzen tragen, die da etwa hießen: kein Abitur. „Die Kirche war mein Schutzraum, ich habe dort eine Heimat gefunden.“

Die Lübbenerin absolvierte schließlich ein kirchliches Abitur, studierte in Berlin Theologie. Den Mauerfall erlebt Gabriele Metzner während des Vikariats als Befreiung von einer DDR, die sie „Diktatur mit menschlichem Angesicht“ nennt. „Man musste nicht um sein Leben fürchten, war aber stark eingeschränkt.“

Nach zwölf Jahren als Pfarrerin im Havelland zieht die Mutter zweier Kinder 2007 nach Wittenberg, um am Predigerseminar als Dozentin zu arbeiten. „An Fragen der Ausbildung hatte ich schon immer Interesse.“ Der Wechsel nun in die Superintendentur habe mit der Lust zu tun, noch einmal etwas ganz anderes zu machen und „Übergänge zu begleiten“, die Mitarbeiter im Umbruch zu stärken und Gemeinden darin zu unterstützen, die Frohe Botschaft zu verbreiten.

Mehr Offenheit

Schwerpunkte sieht die neue Superintendentin in der Kinder- und Jugendarbeit oder in der kirchenmusikalischen Arbeit. Im Übrigen gehe es ihr darum „wahrzunehmen, zuzuhören, die Sinne zu schärfen für das, was schon da ist“. Es wertzuschätzen und zu stärken, denn es sei eine Menge. Die promovierte Theologin nennt als Beispiele Initiativen wie das Familienzentrum, das Haus der Begegnung in Globig, das Hospiz, die Ehrenamtsakademie, die Kirchenchöre. Sie spricht auch von mehr Offenheit jenen gegenüber, die nicht der Kirche angehören. „Unser Anspruch ist, Kirche in der Welt zu sein.“

Übrigens, dass sie als erste Frau den Posten des Superintendenten hier bekleidet, sieht sie nicht als Besonderheit und leitet keine Agenda daraus ab: „Ich mache das als Gabriele Metzner, nicht als Frau oder Mann.“ (mz)