Verkaufsoffene Sonntage in Wittenberg Verkaufsoffene Sonntage in Wittenberg: Stadt sagt: Baumarkt ist kein Blumenladen
Wittenberg - Das seitens der Stadt wie angekündigt strenger angewandte Ladenschlussgesetz hat ein erstes Opfer gefordert: Der Baumarkt „toom“ darf an diesem Sonntag nicht wie beabsichtigt für einen „Blumenverkaufssonntag“ öffnen.
Ein Baumarkt sei kein Blumenladen, argumentierte die Verwaltung sinngemäß und untersagte dem Händler die bereits beworbene Sonderöffnung. Der Hintergrund: Blumen (und Brötchen) darf man in Deutschland und damit auch in Sachsen-Anhalt an jedem Sonntag kaufen, andere Waren nur ausnahmsweise.
Allgemein durften die Läden in der Lutherstadt in den zurückliegenden Jahren an vier vorab festgelegten Sonntagen öffnen, und zwar zu bestimmten Anlässen. Auch 2018 wird dies wieder der Fall sein, nämlich zum Töpfermarkt, Reformationsfest und an zwei Adventssonntagen. Entgegen bisheriger Praxis ist diese Regelung nun auf die Altstadt beschränkt.
Toom und Co. gehen damit komplett leer aus, denn auch die bisher auf Antrag gewährten Sonntagsöffnungen einzelner Geschäfte - bis zu zwölf waren es laut Stadtverwaltung pro Jahr - gibt es jetzt nicht mehr.
„Tooms“ Idee mit dem Blumenverkauf ist also so eine Art Notnagel, um die absehbaren Umsatzeinbußen ein wenig abzufedern. Doch die Stadt lässt sich auch darauf nicht ein. Ein Baumarkt ist, wie gesagt, kein Blumenladen, argumentiert sie. Weil in einem Baumarkt die genannte Ware „lediglich eine Gruppe von vielen anderen Gruppen“ darstelle, während im Blumenladen... Aha.
Jens Voss, Leiter des Wittenberger „toom“-Baumarktes, ist natürlich sauer über die Entscheidung der Stadtverwaltung, die ihm, nach einer telefonischen Information am Mittwoch, seit dem gestrigen Donnerstag nun auch schriftlich vorliegt. Er werde am Sonntag keinen Blumenverkauf veranstalten und habe die entsprechende Werbung gestoppt, sagte Voss auf MZ-Anfrage.
Er werde vorläufig auch nicht „in Widerspruch“ zu der Entscheidung der Stadt gehen, erklärte er, dazu sei allein die verbleibende Zeit zu kurz. Allerdings hoffe er, dass sich für die (vier) folgenden Sonntage noch etwas machen lasse, kündigte er eine rechtliche Prüfung seitens seiner Zentrale an.
Die Stadt ihrerseits pocht auf die „aktuelle Rechtsprechung“ zu den Ladenöffnungszeiten und verweist - ähnlich wie die Gewerkschaft Verdi, die sich vehement gegen eine Ausweitung der Sonntagsöffnungszeiten sperrt - auf den „Schutzzweck der Erholung“, denen sich das „Umsatzinteresse einzelner Verkaufseinrichtungen“ unterzuordnen habe, wie Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) Voss und anderen Betroffenen im Januar hinsichtlich der „geänderten Genehmigungspraxis“ mitgeteilt hatte.
„Eine Genehmigung verkaufsoffener Sonn- und Feiertage auf Antrag einzelner Verkaufsstellen erfolgt ab 2018 nicht mehr, weil es im pflichtgemäßen Ermessen der Lutherstadt Wittenberg steht, ob und wieviele Sonn-/Feiertage als verkaufsoffen erklärt werden und an welchen Daten“, heißt es dazu in einem Info-Schreiben vom Dezember 2017.
Vier Sonntage hatte Voss eigenen Angaben zufolge seinen Baumarkt bisher auf Antrag jährlich öffnen dürfen. Dass die Mitarbeiter, wie er beteuert, sämtlich freiwillig antreten würden und dies auch entsprechend honoriert bekämen, nutzt ihm nichts.
Der Vorsitzende des Wittenberger Gewerbevereins, Franz Neise, sieht unter Verweis auf die derzeitige Gesetzeslage keine Möglichkeit für mehr Sonntagsöffnungen in Sachsen-Anhalt. Es mache keinen Sinn, „gegen Windmühlenflügel anzutreten“, sagte er wörtlich. (mz)